Nur jeder dritte Deutsche rechnet mit neuer Regierung vor Ostern

Berlin (APA/dpa) - Kurz vor Beginn der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD ist in der deutschen Bevölkerung der Glaube an eine sch...

Berlin (APA/dpa) - Kurz vor Beginn der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD ist in der deutschen Bevölkerung der Glaube an eine schnelle Regierungsbildung nur schwach ausgeprägt. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur rechnen nur 37 Prozent damit, dass sie vor Ostern eine neue Regierung haben werden.

45 Prozent gehen dagegen davon aus, dass sich die Hängepartie noch länger hinziehen wird. 18 Prozent machen keine Angaben. Ostersonntag ist in diesem Jahr der 1. April.

Der Umfrage zufolge glauben 44 Prozent, dass die Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung die Handlungsfähigkeit Deutschlands in der internationalen Politik einschränken. 42 Prozent meinen, die Verzögerung beschädige das Ansehen Deutschlands im Ausland. Nur jeder Fünfte (19 Prozent) sieht keine negativen Auswirkungen auf internationaler Ebene.

Seit Oktober ist die Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) nur noch geschäftsführend im Amt. Am 7. Jänner beginnen die Sondierungsgespräche zwischen den Christdemokraten, der bayerischen CSU und SPD über die Bildung einer neuen Regierung. Mögliche Ergebnisse sind eine Große Koalition, eine Minderheitsregierung oder eine Neuwahl.

Bei erfolgreichen Sondierungen soll am 21. Jänner ein SPD-Parteitag über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU entscheiden. Optimisten meinen, dass diese dann bis Mitte Februar abgeschlossen werden können. Für einen SPD-Mitgliederentscheid vor Ostern wäre dann noch genug Zeit.

„Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung, die ihre Hand in Richtung des französischen Präsidenten ausstreckt“, sagte der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Reiner Hoffmann. Deutschland werde ohne eine stabile Regierung im Rat der EU nicht handlungsfähig sein. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte im September einen EU-Reformplan vorgestellt. Er will unter anderem einen eigenen Haushalt und einen Finanzminister für die Eurozone.

Die bayerische CSU signalisierte unterdessen Entgegenkommen im Streit um den Familiennachzug für Flüchtlinge. Man könne „über bestimmte Härtefälle sicherlich reden“, wenn dadurch die Obergrenze von 200.000 Zuwanderern jährlich nicht überschritten werde, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstagsausgabe). Es sei aber „das klare Ziel“, den Familiennachzug auch über den März 2018 auszusetzen.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) warf der SPD vor, immer neue Forderungen für die Sondierungen mit der Union zu stellen. „Hier sind etliche Genossen unterwegs, die mit Maximalforderungen offenbar die Gespräche unmöglich machen wollen“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Donnerstag). SPD-Chef Martin Schulz bescheinigte er ein massives Führungsversagen.

Der bei der Bundestagswahl unterlegene SPD-Kanzlerkandidat Schulz ist nach Ansicht von zwei Dritteln der Deutschen der „Verlierer des Jahres 2017“. Dies ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar Emnid im Auftrag der Funke Mediengruppe (Donnerstag). Auf Platz zwei und drei der Negativ-Rangliste landeten CSU-Chef Horst Seehofer und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel.