Rouhani solidarisch mit Demonstranten im Iran
Irans Präsident warnte aber gleichzeitig vor Ausschreitungen, die die Sicherheit des Landes und Volkes gefährden könnten.
Teheran – In einer ersten öffentlichen Reaktion auf die Proteste im Iran hat Staatschef Hassan Rouhani Gewalt verurteilt, zugleich aber zu „Raum für Kritik“ gemahnt. „Kritik ist etwas anderes als Gewalt und die Zerstörung von öffentlichen Gütern“, sagte Rouhani am Sonntag bei einer Kabinettssitzung. Die Regierung müsse jedoch einen „Raum für legale Kritik und Protest“ schaffen.
Zugleich kritisierte Rouhani seinen US-amerikanischen Amtskollegen Donald Trump. Dieser habe „kein Recht“, seine Sympathie mit den iranischen Demonstranten auszudrücken, wurde der Präsident vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk und der Nachrichtenagentur Mehr zitiert. Noch vor wenigen Monaten habe Trump die iranische Nation als „Terroristen“ bezeichnet. „Diese Person, deren ganzes Wesen gegen die iranische Nation ist, hat kein Recht, Mitleid mit dem iranischen Volk zu empfinden“, sagte Rouhani weiter.
Der US-Präsident hatte erklärt, die Proteste im Iran zeigten, dass den Menschen klar werde, „wie ihnen ihr Geld und ihr Reichtum gestohlen“ werde. „Sieht so aus, als würden sie das nicht länger hinnehmen“, fügte Trump auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter hinzu.
Iranische Führung kündigt hartes Vorgehen an
Es war das erste Mal seit Beginn der Proteste im Iran am Donnerstag, dass sich Rouhani dazu äußerte. Der geistliche Führer des schiitischen Iran, Ayatollah Ali Khamenei, hat bisher nicht Stellung genommen.
Die iranische Führung hat unterdessen angekündigt, hart gegen die landesweiten Proteste vorgehen zu wollen. Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli warnte die Demonstranten, wer die Ordnung störe, werde „dafür bezahlen“. Der Vize-Sicherheitschef der Revolutionären Garden in Teheran, Esmail Kowsari, hatte am Samstag angekündigt, die Protestierenden würden „die eiserne Faust der Nation“ zu spüren bekommen, sollte es zu weiteren Unruhen kommen.
Zwei Tote, rund 200 Festnahmen
Bei Demonstrationen in der Provinz Lorestan im Westiran waren am Samstagabend zwei Menschen getötet worden. Die genauen Umstände waren am Sonntag zunächst unklar. Lokalen Behörden zufolge soll die iranische Polizei an dem Vorfall nicht beteiligt gewesen sein.
Die Polizei hat landesweit allein am Samstag rund 200 Menschen bei Protesten festgenommen. Unter ihnen befänden sich nach Angaben des Vize-Gouverneurs von Teheran, Ali Asghar Naserbakht, „40 Anführer illegaler Versammlungen“. Die Gefassten seien der Justiz übergeben worden. Mehrere festgenommene Studenten seien hingegen wieder freigekommen.
Am Sonntag kursierten in sozialen Medien zudem Videos, auf denen angeblich zu sehen war, wie die Polizei in Teheran mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vorging. Auf anderen Aufnahmen sollen unter anderem Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten in der nordwestiranischen Stadt Khoramdareh zu sehen sein. Die Echtheit dieser Aufnahmen konnte zunächst nicht verifiziert werden.
Sondersitzung der Sicherheitskommission
Die iranischen Behörden werfen auf jeden Fall „konter-revolutionären Kräften“ im Ausland vor, die derzeitigen Anti-Regierungs-Proteste über die sozialen Netzwerke anzustacheln. Sie sperrten den Zugang von Handys zu dem Online-Dienst Instagram und dem Messenger-Dienst
Kommende Woche will die Sicherheitskommission des iranischen Parlaments zu einer Sondersitzung zu den Protesten zusammenkommen. Auch Präsident Rouhani soll daran teilnehmen.
Proteste seit Donnerstag
Die Kundgebungen hatten am Donnerstag begonnen. Sie richteten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung, wurden aber zunehmend systemkritisch. Am Samstag griffen die Proteste, die zuvor in mindestens neun iranischen Städten stattgefunden hatten, auch auf die Hauptstadt Teheran über.
Angesichts der sich zuspitzenden Proteste hat das Außenministerium in Wien seine Reishinweise für den Iran angepasst. „Im Iran kann es derzeit im ganzen Land immer wieder zu größeren Menschenansammlungen kommen“, hieß es am Sonntagnachmittag auf der Website. „Besonders am Nachmittag und in den frühen Nachtstunden ist erhöhte Vorsicht geboten.“ Generell gelte mit Ausnahme von einigen Grenzgebieten im ganzen Land Sicherheitsstufe 2. Dabei wird darauf hingewiesen, dass „das Fotografieren und das Beobachten von Demonstrationen“ zu einer Verhaftung führen könnte. Medienberichte sollten verfolgt und solche Gebiete großflächig vermieden werden. (APA/AFP/dpa/Reuters)