Ein Jahr nach Lawinendrama in Italien - Gedenkfeier für 29 Todesopfer
Farindola (APA) - Ein Jahr nach einem Lawinenabgang am mittelitalienischen Gran-Sasso-Massiv, der das Hotel Rigopiano verschüttet und 29 Men...
Farindola (APA) - Ein Jahr nach einem Lawinenabgang am mittelitalienischen Gran-Sasso-Massiv, der das Hotel Rigopiano verschüttet und 29 Menschen das Leben gekostet hat, ist am kommenden Donnerstag eine Gedenkzeremonie für die Todesopfer geplant. Vorgesehen ist ein Fackelzug der Überlebenden und der Familien der Toten. Sie werden zu Fuß den Ort erreichen, wo sich noch die Trümmer des Hotels befinden, um zu beten.
Der Erzbischof der Adria-Stadt Pescara, Tommaso Valentinetti, wird in der Kirche der Ortschaft Farindola, in der sich das Hotel befand, eine Messe zelebrieren. Er wird 29 Steineichen segnen, die im Andenken an die Toten gepflanzt wurden.
Am 18. Jänner 2017 hatten sich vier Erdstöße der Magnituden 5 bis 5,5 mit Epizentrum in Montereale unweit der Abruzzen-Hauptstadt L‘Aquila ereignet. Die Erdbebenserie löste eine Lawine am Gran-Sasso-Massiv aus, die das Vier-Sterne-Hotel Rigopiano auf 1.200 Meter Höhe verschüttete. Insgesamt 40 Personen hielten sich im Hotel auf: 28 Gäste und zwölf Mitarbeiter, darunter Hotelinhaber Roberto Del Rosso.
Elf Menschen überlebten das Unglück: Zwei Personen hatten sich im Freien aufgehalten, als die gewaltige Lawine niederging und Hilfe herbei gerufen. Neun Menschen - darunter vier Kinder - wurden aus den Trümmern des Hotels befreit.
Zur Verantwortung des Unglücks läuft noch eine Untersuchung. Die Staatsanwaltschaft von Pescara hat wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung gegen 23 Personen Ermittlungen aufgenommen. Zu ihnen zählen der Ex-Polizeichef von Pescara, der Präsident der Provinz Pescara und die Bürgermeister der Ortschaft Farindola.
Die Staatsanwaltschaft geht unter anderem Anschuldigungen nach, wonach angeblich Notrufe ignoriert wurden und sich der Rettungseinsatz in der Abruzzen-Gemeinde verzögerte. Die Justizbehörden ergründen auch, ob das Vier-Sterne-Ressort auf 1.200 Meter Höhe eine unsichere Hanglage hatte. Das in den 1970er-Jahren als Berghütte errichtete Gebäude war 2007 zu einem bei VIPs beliebten Spa-Hotel ausgebaut worden.
„Wir haben das Recht zu erfahren, warum sich diese Tragödie abgespielt hat. Wir sind überzeugt, dass die Katastrophe hätte vermieden werden können“, betonte Gianluca Tanda, dessen Sohn Marco mit seiner Freundin Jessica Tinari unter den Trümmern gestorben ist. „In all diesen Monaten hat niemand seine Verantwortung zugegeben. Wir hoffen, dass der Prozess bald beginnt“, sagte Tanda.
Der erste Jahrestag des Rigopiano-Unglücks ist besonders hart für den Überlebenden Giampaolo Matrone, Zuckerbäcker aus Monterotondo bei Rom, der nach 60 Stunden unter den Trümmern lebend geborgen werden konnte. Seine Frau Valentina Cicioni schaffte es nicht. „Die Weihnachtsfeiertage waren für uns sehr hart. Doch ich darf nicht nachgeben. Ich habe noch tiefe Narben von den fünf Operationen, denen ich nach dem Unglück unterzogen worden bin, und muss zudem an meine sechsjährige Tochter Gaia denken, die ihre Mutter verloren hat“, so Matrone.
An der Gedenkzeremonie am Donnerstag beteiligt sich auch der 38-jährige Koch Giampiero Parete, der als erster Alarm geschlagen hatte. Stundenlang wartete er in seinem Auto auf die Retter, während er um seine verschüttete Familie bangte. Seine Frau und seine beiden Kinder wurden lebend in einem Dachboden gefunden. 43 Stunden lang mussten sie ausharren, bis Hilfe kam. „Es war ein Wunder, dass wir uns alle retten konnten. Leider hatten viele andere Familien nicht dasselbe Glück. Die Erinnerung an die Opfer wird uns immer begleiten“, sagte Parete.