„Alternative Fakten“ ist deutsches „Unwort des Jahres“
Eine sechsköpfige Experten-Jury hat das Unwort aus 684 verschiedenen Vorschlägen ausgesucht.
Darmstadt – Wie in Österreich ist auch in Deutschland der Begriff „alternative Fakten“ zum Unwort des Jahres 2017 gewählt worden. Das gab die Sprecherin der unabhängigen Jury, die Linguistik-Professorin Nina Janich, am Dienstag in Darmstadt bekannt. „Die Bezeichnung ist der verschleiernde und irreführende Ausdruck für den Versuch, Falschbehauptungen als legitimes Mittel der öffentlichen Auseinandersetzung salonfähig zu machen“, hieß es in der Begründung.
Der Ausdruck „alternative Fakten“ stehe „für die sich ausbreitende Praxis, den Austausch von Argumenten auf Faktenbasis durch nicht belegbare Behauptungen zu ersetzen“, begründete die Jury ihre Wahl weiter. Der Begriff stammt ursprünglich aus den USA. Die Beraterin von US-Präsident Donald Trump, Kellyanne Conway, sprach im Zusammenhang mit der falschen Behauptung, dass zur Amtseinführung des Präsidenten so viele Menschen wie nie zuvor auf der Straße gewesen seien, von „alternativen Fakten“.
„Shuttleservice“ und „Genderwahn“
Eine sechsköpfige Experten-Jury hat das Unwort aus 684 verschiedenen Vorschlägen ausgesucht. Nur etwa 80 bis 90 dieser Vorschläge entsprachen überhaupt den Kriterien der sprachkritischen Aktion, wie Janich sagte. Daraus habe die Fach-Jury knapp 20 Wörter in die engere Wahl gezogen.
Die Jury rügte auch die Begriffe „Shuttleservice“ und „Genderwahn“. „Shuttleservice“ wurde vom CSU-Bundestagsabgeordneten Stephan Meyer in Bezug auf Seenotrettungseinsätze von Nichtregierungsorganisationen im Mittelmeer für Flüchtlinge in Schlauchbooten benutzt. Damit würden sowohl die flüchtenden Menschen als auch vor allem diejenigen diffamiert, die ihnen humanitäre Hilfe leisteten, erklärte die Jury. Mit dem Ausdruck „Genderwahn“ werden laut den Sprachwissenschaftern „in konservativen bis rechtspopulistischen Kreisen zunehmend Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit in undifferenzierter Weise diffamiert“.
Zum „Unwort des Jahres“ wird seit 1991 jedes Jahr ein Begriff gekürt, der gegen das „Prinzip der Menschenwürde“ oder gegen „Prinzipien der Demokratie“ verstößt, weil er gesellschaftliche Gruppen diskriminiere oder «euphemistisch, verschleiernd oder gar irreführend» sei. 2016 war die Wahl auf „Volksverräter“ gefallen, 2015 auf „Gutmensch“. (dpa)