„Tür offen“: Tusk und Juncker bieten Briten EU-Verbleib an
Sollten die Briten beim Brexit-Kurs bleiben, müsste London hingegen „mehr Klarheit“ zu den künftigen Beziehungen mit der EU zeigen.
Staßburg – EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben Großbritannien einen Verbleib in der Europäischen Union angeboten. Ohne Sinneswandel werde das Land die EU im März 2019 verlassen, sagte Tusk am Dienstag im Europaparlament in Straßburg. Falls die Briten ihre Meinung aber änderten, seien „unsere Herzen weiter offen“ für sie.
Kommissionspräsident Juncker stellte sich im Parlament hinter Tusks Aussage. Er hätte nicht gerne, dass in London überhört werde, „dass unsere Tür nach wie vor offen steht“, sagte er. Tusk beklagte, dass der Brexit kommendes Jahr „mit allen negativen Konsequenzen“ Realität werde. „Wir, hier auf dem Kontinent, haben unsere Meinung nicht geändert“, betonte er. Sollten die Briten beim Brexit-Kurs bleiben, müsste London hingegen „mehr Klarheit“ zu den künftigen Beziehungen mit der EU zeigen. Hier liege „das härteste Stück Arbeit noch vor uns“.
Kurz: „Ich bin froh, dass es das Angebot gibt“
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßte die Aussagen der beiden EU-Spitzenpolitiker und betonte, dass der Brexit eine „enorme Herausforderung“ sei und viele Nachteile mit sich bringe. „Ich bin froh, dass es das Angebot gibt, aber die Entscheidung liegt bei den Briten“, sagte Kurz im Pressefoyer nach dem Ministerrat am Dienstag.
Es war nicht das erste Mal, dass Tusk offen für die Möglichkeit eines Verbleibs der Briten in der EU wirbt. Beim EU-Gipfel im Juni vergangenen Jahres sagte der Pole in Abwandung einer Liedzeile von John Lennons „Imagine“, nicht nur er träume davon. Zuvor hatten auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der damalige deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble betont, dass die Tür für einen Verbleib Großbritanniens offen bleibe.
Brexit-Skepsis in Großbritannien gewachsen
Die Briten hatten im Juni 2016 in einem Referendum mit knapp 52 Prozent für den Brexit gestimmt. Am 29. März 2017 beantragte die britische Regierung offiziell den Austritt nach Artikel 50 des EU-Vertrags, der nun bis 29. März 2019 erfolgen soll. Die Verhandlungen über den Brexit sollen unter österreichischer EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 abgeschlossen werden.
Inzwischen ist die Skepsis zu dem Schritt in Großbritannien gewachsen. Die Liberalen und andere proeuropäische Oppositionspolitiker fordern bereits ein zweites Referendum. Sie argumentieren, dass den Briten bei der Abstimmung von 2016 die volle Tragweite der Entscheidung nicht klar gewesen sei.
May schloss neues Referendum aus
Eben wegen der anhaltenden Debatte hat in der vergangenen Woche auch der Brexit-Wortführer Nigel Farage überraschend ein zweites Austrittsreferendum ins Spiel gebracht. Das würde die Debatte „abtöten“, sagte Farage am vergangenen Donnerstag. „Der Prozentsatz, der für den Austritt stimmen würde, wäre beim nächsten Mal sehr viel größer.“ Premierministerin Theresa May schloss aber ein neuerliches Referendum aus.
Es war nicht das erste Mal, dass Tusk offen für die Möglichkeit eines Verbleibs der Briten in der EU wirbt. Beim EU-Gipfel im Juni vergangenen Jahres sagte der Pole, nicht nur er träume davon. Zuvor hatten auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der damalige deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble betont, dass die Tür für einen Verbleib Großbritanniens offen bleibe.
Gespräche in der zweiten Phase
Mittlerweile sind die Verhandlungen über den Brexit aber bereits in der zweiten Phase. Die EU-Staats- und Regierungschefs sahen bei ihrem Gipfel im Dezember dafür „ausreichende Fortschritte“ bei zentralen Austrittsfragen wie den Rechten der EU-Bürger in Großbritannien. Damit können in den kommenden Monaten auch die Gespräche über eine von London gewünschte Übergangsphase und die künftigen Beziehungen einschließlich eines Handelsabkommens beginnen. (APA/AFP)