Dicke Luft durch Verkehr: CO2-Steuer als Gegenmittel?
Die Treibhausgas-Emissionen sind laut Umweltbundesamt 2016 erneut gestiegen. Der Verkehrssektor hat dabei am meisten zugelegt. Laut Wifo könnten die Emissionen mit Einführung einer CO2-Steuer um bis zu sieben Prozent sinken.
Wien – 2016 sind die Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) in Österreich um rund ein Prozent gestiegen. Sie liegen nun bei 79,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. 22,9 Millionen Tonnen wurden dabei alleine durch den Verkehr ausgestoßen, der auch mengenmäßig mit einem Plus von 0,9 Mio. Tonnen am meisten zugelegt hat. Das zeigen die am Dienstag in Wien präsentierten Zahlen des Umweltbundesamts.
Während in der Industrie und in der Energiegewinnung um 1,7 Prozent weniger klimaschädliche Gase ausgestoßen wurden, zeigt die Bilanz in den nicht dem Emissionshandel unterliegenden Bereichen einen Anstieg um etwa 2,7 Prozent, so das Umweltbundesamt, und somit auf 50,6 Mio. Tonnen. Das sei teilweise auf das Wirtschaftswachstum zurückzuführen. Verstärkt werde dieser Trend durch niedrige Preise für fossile Kraft- und Brennstoffe. Im Verkehrssektor betrug der Anstieg der Emissionen 4,2 Prozent.
Verhaltensänderungen laut Köstinger notwendig
„Erfolgreicher Klimaschutz bedeutet von der Nutzung fossiler Energien wegzukommen“, kommentierte Jürgen Schneider, Klimaexperte des Umweltbundesamtes. Verhaltensänderungen seien daher notwendig, sagte Landwirtschafts- und Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), jedoch „durch Anreize statt durch Verbote“. Um die 2020-Ziele zu erreichen, sei jedenfalls Handlungsbedarf gegeben, und zwar „speziell im Bereich des Verkehrs“.
Mehrere Möglichkeiten dazu stellte Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) bei der Pressekonferenz vor. So gelte es etwa mit der Digitalisierungsoffensive im Bereich der Pendler anzusetzen. Das langfristige Ziel sei ein „CO2-neutraler Verkehrssektor bis 2050“, im Juni dieses Jahres werde ein Sachstandsbericht für eine nachhaltige Mobilitätswende vorgestellt. Bereits jetzt würden Länder, Städte und Gemeinden eingebunden, denn es bedürfe einer „Mobilisierung aller Beteiligter“.
Ein Problem im Bereich der E-Mobilität sei derzeit noch ein Mangel an Ladestationen, sagte Hofer. Auf steuerlicher Seite solle „alles, was ressourcenschonend ist, entlastet werden“. Der Ausbau der thermischen Sanierung, der Gebäudesektor ist für 8,1 Mio. Tonnen THG verantwortlich, soll durch ein entsprechendes Maßnahmenpaket vorangetrieben werden, so Hofer weiter.
Nicht sicher, dass Klimaziele 2020 erreicht werden
Immerhin bedeuten die 50,6 Tonnen THG, die nicht dem Emissionshandel zugerechnet werden, dass das nationale Ziel für 2016 unterschritten wurden, nachdem der Zielwert bei 51 Mio. Tonnen liegt. Laut Umweltbundesamt hat Österreich insgesamt 8,7 Mio. Tonnen aus den vergangenen Jahren als Gutschriften zur Verfügung, die in die Bilanz bis 2020 eingerechnet werden können – soweit die positiven Fakten. Trotzdem sei es nicht gesichert, dass die Klimaziele 2020 erreicht werden, weil der 2005 gestartete Reduktionstrend 2014 sein vorläufiges Ende fand, sagte Umweltexperte Schneider.
Ein Rückgang beim Einsatz fossiler Energie sei auch für die Energie- und Klimaziele 2030 notwendig, da Österreich bis dahin eine Emissionsreduktion von minus 36 Prozent gegenüber 2005 (für Emissionsquellen außerhalb des Emissionshandels) erreichen muss – erst acht Prozent wurden davon erzielt. Die vom Umweltbundesamt prognostizierte Entwicklung zeigt für 2017 jedoch weitere Zunahmen: Sowohl der Diesel- (plus 3,4 Prozent) wie auch der Heizölverbrauch (plus fünf) ging nach oben, der Erdgasverbrauch gar um elf Prozent. Und im Verkehrs- und Gebäudesektor geht man derzeit von einem Plus von 0,9 Millionen Tonnen im Jahr 2017 aus.
Was ein Plus beim Tempolimit betrifft, so wurde Hofer auf Überlegungen in Sachen Tempo 140 angesprochen. Dieser konterte, dass keine flächendeckende Freigabe auf Österreichs Autobahnen angedacht ist. Diese würde theoretisch die rund 700 Kilometer betreffen, die telematisch erfasst sind – und vorher werde ohnehin ein Pilotprojekt zu Testzwecken folgen.
CO2-Steuer laut Wifo Gegenmittel
Das Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) hat nach Bekanntwerden der Zahlen für 2016 die Notwendigkeit eine Trendumkehr zur Erreichung der Klimaziele betont. Mit der Einführung einer CO2-Steuer könnten die Emissionen laut einer aktuellen Wifo-Studie um bis zu sieben Prozent sinken, hieß es am Dienstag in einer Aussendung.
Im Vergleich zu den Nachbarländern Deutschland und Italien, die in Hinblick auf den Transitverkehr relevant sind, ist die Besteuerung und daraus folgend der Bruttopreis für Treibstoffe in Österreich gering. Der aktuelle Preisunterschied zu Italien liegt bei 23 Cent je Liter Benzin bzw. 21 Cent je Liter Diesel, der Preisunterschied zu Deutschland beträgt 21 bzw. elf Cent je Liter. Anzumerken ist, dass Diesel in allen EU-Mitgliedstaaten niedriger besteuert wird als Benzin, schrieb das Wifo.
Die Wifo-Studie hat für Österreich die Einführung einer CO2-Steuer für den Nicht-Emissionshandelsbereich untersucht. Ausgegangen wurde von einer CO2-Steuer in der Höhe von 120 Euro je Tonne CO2 – zusätzlich zu den bestehenden Energiesteuern – sowie einer Vereinheitlichung der Energiesteuersätze (d. h. Diesel- und Benzinsteuersätze werden angeglichen ebenso die Steuersätze für Heizstoffe). Das entspricht einer Energiepreissteigerung von 20 Prozent für Benzin und Heizstoffe sowie 40 Prozent für Diesel.
Durch die Einführung der CO2-Steuer sinken die energiebedingten CO2-Emissionen in den Nicht-Emissionshandelssektoren im Wifo-Modell um insgesamt sieben Prozent (ca. 2,6 Millionen Tonnen CO2) im Vergleich zu einem Szenario ohne CO2-Steuer. Im gewerblichen Verkehr ist der Effekt deutlich stärker und liegt bei knapp zwölf Prozent.
Steuer könnte BIP-Wachstum dämpfen
Zentral bei der Einführung einer CO2-Steuer sei laut Wifo jedoch die Einnahmenverwendung, denn diese belaste laut Studien untere Einkommen stärker. Zudem kann eine solche Steuer dämpfend auf das BIP-Wachstum wirken. Um diese Effekte abzufedern, sollte die Maßnahme aufkommensneutral implementiert werden. Für die Rückverteilung der zusätzlichen Steuereinnahmen wurde in der Studie einerseits angenommen, dass die privaten Haushalte einen Ökobonus erhalten. Andererseits wurde der gewerbliche Bereich über eine Senkung der Arbeitgeberbeiträge entlastet. Diese Maßnahmen führen dazu, dass die Einführung der CO2-Steuer in Summe die Emissionen reduziert, ohne negative Auswirkungen auf Wachstum und Einkommensverteilung zu entfalten. Zudem zeige sich, dass die Beschäftigung aufgrund der Reduktion der Arbeitskosten leicht ansteigt.
Wie weiterhin hohen Treibhausgasemissionen zeigen für die NGO Global 2000, dass die „österreichische Klimapolitik ein Scherbenhaufen ist, der dringend geordnet werden muss“ wie Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher, in einer Aussendung kommentierte. Die Regierung müsse die Lösungskompetenz erst beweisen, „da sie neben positiven Ankündigungen wie den Ausbau der E-Mobilität, den Kohleausstieg bis 2020 sowie neuer Förderungen von thermischer Sanierung auch kontraproduktive Vorschläge wie das Tempo 140 auf Autobahnen als auch die Beibehaltung des Dieselprivilegs gemacht hat“, sagte Wahlmüller. (APA)