Deutschland und Polen erwägen Expertenkommission in Reparationsfrage

Berlin (APA/Reuters/dpa/AFP) - Deutschland und Polen erwägen die Einsetzung einer Expertenkommission, um über die Frage der umstrittenen pol...

Berlin (APA/Reuters/dpa/AFP) - Deutschland und Polen erwägen die Einsetzung einer Expertenkommission, um über die Frage der umstrittenen polnischen Reparationsforderungen zu forschen. Es gebe in Polen eine gesellschaftliche Debatte über das Thema, die er nicht ignorieren wolle, sagte der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel am Mittwoch nach einem Treffen mit seinem neuen polnischen Kollegen Jacek Czaputowicz in Berlin.

„Das deutsch-polnische Verhältnis, das will ich hier deutlich sagen, ist für die Zukunft der EU genauso wichtig wie das deutsch-französische Verhältnis“, betonte Gabriel nach dem Treffen. Man müsse den Eindruck verhindern, dass Europa zwischen Ost und West geteilt sei. „Wenn es zwei Länder gibt, die das historisch als Aufgabe haben, dann sind das ganz sicher Polen und Deutschland“, sagte Gabriel.

„Wenn wir versuchen wollen, uns nicht gegenseitig zu ignorieren, sondern uns gegenseitig ernst zu nehmen, dann kann es eine Idee sein, mal Wissenschaftler mit dieser Frage zu befassen.“ Gabriel machte zugleich deutlich, dass Deutschland damit nicht von seiner Position abrücke, dass Polen keinen Anspruch auf Reparationszahlungen habe.

„Es gibt eine klare rechtliche und völkerrechtliche Position der Bundesregierung, dass es keinen Anlass gibt, über Reparationszahlungen zu reden“, sagte Gabriel. „Rechtlich ist das aus unserer Sicht völlig geklärt - und zwar auch durch eine Entscheidung einer polnischen Regierung nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Polen.“ Sowohl Polen als auch Deutschland hätten aber ein Interesse daran, dass die gesellschaftliche Debatte das Verhältnis der beiden Regierungen zueinander nicht belaste. Daher hätten sie bei ihrem Treffen nach einer Lösung gesucht.

„Wir möchten, dass diese Debatte geführt wird“, sagte Czaputowicz. Sie solle aber nicht das Verhältnis der Regierungen belasten. „Ich nehme den Vorschlag von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel an, dass sich damit Experten befassen sollten.“ Derzeit seien die Kriegsreparationen jedenfalls kein „Hindernis“ in den deutsch-polnischen Beziehungen.

Polen hatte zuletzt erklärt, es erwäge eine Klage in den USA, um von Deutschland Reparationszahlungen wegen Schäden im Zweiten Weltkrieg zu erzwingen. Polen hatte in jüngster Zeit wiederholt Reparationsforderungen gestellt. Deutschland hat sie stets zurückgewiesen mit dem Argument, Polen habe 1953 auf Forderungen verzichtet. Spätestens mit dem Abschluss des Zwei-Plus-Vier-Vertrages von 1990 seien etwaige Reparationsansprüche untergegangen. Polnische Rechtsexperten kamen dagegen im September zu dem Ergebnis, dass Polen Forderungen stellen könne. Der Verzicht Polens von 1953 sei verfassungswidrig und ungültig, heißt es in ihrem Gutachten. Die polnische Regierung habe damals auf Druck der Sowjetunion gehandelt, Polen sei zu dem Zeitpunkt kein souveräner Staat gewesen.