Ivanovic-Mord: Tausende Menschen bei Begräbnis in Belgrad

Belgrad/Prishtina (Pristina) (APA) - Mehrere tausend Menschen, darunter zahlreiche Kosovo-Serben, haben am Donnerstag der Beisetzung des am ...

Belgrad/Prishtina (Pristina) (APA) - Mehrere tausend Menschen, darunter zahlreiche Kosovo-Serben, haben am Donnerstag der Beisetzung des am Dienstag ermordeten kosovarischen Serbenführers Oliver Ivanovic in Belgrad beigewohnt. An dem Begräbnis nahmen sowohl serbische Regierungsvertreter wie Ministerpräsidentin Ana Brnabic als auch Vertreter der Opposition und der Zivilgesellschaft teil. Präsident Aleksandar Vucic war nicht zugegen.

Die Gedenkmesse auf dem Belgrader Neu-Friedhof wurde im Beisein des serbisch-orthodoxen Patriarchen Irinej von dem für den Kosovo zuständigen Bischof Teodosije gefeiert. Für Ivanovic sei der Kosovo immer mehr als nur ein Gebiet gewesen, stellte Teodosije in einer kurzen Ansprache fest. Auch sei er immer bemüht gewesen, für jedes Problem eine Lösung zu finden, weshalb ihm sowohl Serben und Menschen aus dem Ausland als auch Albaner, deren Sprache er gut beherrscht habe, zugehört hätten.

Der 64-jährige Ivanovic wurde Dienstag früh vor dem Sitz seiner Partei „Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit“ (SDP) aus einem vorbeifahrenden Wagen erschossen. Shyqeri Syla, Chefankläger in der Region Mitrovica, erklärte am Donnerstag, dass in Zusammenarbeit mit anderen Stellen intensive Ermittlungen im Gange seien. Belgrad hatte von der EU-Rechtsstaatsmission (EULEX) und der UNO-Interimsverwaltungsmission (UNMIK) gefordert, in die Untersuchungen einbezogen zu werden. Nach Ansicht von Beobachtern ist dies jedoch eher unwahrscheinlich.

Die Familie des ermordeten Politikers hatte sich entschlossen, den im Kosovo geborenen Verstorbenen in der serbischen Hauptstadt beerdigen zu lassen, wo seine Frau Milena und sein jüngster Sohn Bogdan künftig leben wollen. Ivanovic, der in Nord-Mitrovica wiederholt mit Drohungen konfrontiert gewesen war - im Juli 2017 wurde sein Wagen verbrannt, 2005 eine Bombe unter seinen Dienstwagen gelegt -, hatte sich bis zuletzt geweigert, nach Belgrad umzusiedeln. Erst in der Vorwoche hatte er allerdings gegenüber der bosnisch-serbischen Presseagentur SRNA zugegeben, dass er befürchte, Opfer eines Mordanschlags zu werden.

Ivanovic war im Jänner 2016 von einem internationalen Gericht in Mitrovica wegen Kriegsverbrechen im Jahr 1999 schuldig gesprochen und zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Im Februar 2017 hatte ein Berufungsgericht im Kosovo die Haftstrafe aufgehoben, der Prozess wurde seit August 2017 neu aufgerollt.

Ivanovic war nach dem Krieg ein wichtiger Vermittler in den Gesprächen mit der NATO, der UNO und der EU. Er trat für einen Ausgleich zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Bevölkerungsmehrheit ein. Aufmerksamkeit erhielt er unter anderem auch dadurch, dass er sich äußerst kritisch gegenüber der Belgrad-treuen „Serbischen Liste“ äußerte und die Politik Belgrads im Kosovo öffentlich kritisierte. Im vergangenen Jahr hatte er einen Vize-Posten im Stadtrat von Nord-Mitrovica erhalten.

Die Motive für den Mordangriff waren am Donnerstag weiter unbekannt. Der frühere Chef des serbischen Militärsicherheitsdienstes Momir Stojanovic zweifelte jedoch gegenüber der Tageszeitung „Danas“ (Donnerstag-Ausgabe) an, dass hinter dem Anschlag auf Ivanovic der „albanische Faktor“ (Kosovo-Albaner, Anm.) stehe. Er persönlich gehe davon aus, dass dies entweder ein politisch motivierter Anschlag gewesen sei oder das Werk krimineller Gruppen im Nord-Kosovo. Eine ähnliche Meinung vertrat gegenüber dem Blatt auch der frühere serbische Innenminister Bozo Pelevic.