Ski alpin: Reichelts „Zahlenspiel“ passt genau in Richtung Olympia
Kitzbühel (APA) - Hannes Reichelt nähert sich dem ersten Sieg in einer Abfahrt in diesem Winter an. Nach Platz fünf in Bormio und vier in We...
Kitzbühel (APA) - Hannes Reichelt nähert sich dem ersten Sieg in einer Abfahrt in diesem Winter an. Nach Platz fünf in Bormio und vier in Wengen landete er am Samstag in Kitzbühel auf Rang drei. Es folgen als nächstes der Weltcup in Garmisch und dann schon die Olympischen Spiele. „Im Moment haben wir ein gutes Zahlenspiel, sagen wir mal so. Aufsteigende Form“, meinte der Salzburger.
„Meine Nerven liegen ein bisserl blank, da habe ich schon gescheit oft zittern müssen, dass ich nicht noch vom Podium runterrutsche“, sagte der Salzburger zur zähen Wartezeit, bis das Ergebnis endlich feststand. Er habe zu viele kleine Fehler gemacht. „Die Fahrt war nicht schlecht, aber nicht ganz perfekt. Ich habe damit rechnen müssen, dass noch was passiert, es war für mich nur eine Frage der Zeit.“ Er hatte ganz stark Aksel Lund Svindal (8.) auf der Rechnung. Als Beat Feuz (2.) ihn vom obersten Stockerlplatz verdrängte, dachte er schon, dass sei die Siegesfahrt gewesen.
„Aber dann kam die Sonne ein bisserl raus und ich habe gesagt, jetzt müssen wir noch die ersten 20 alle abwarten, es kann noch alles passieren.“ Der 24-jährige Dreßen habe ihn überrascht. „Auf so einer Strecke, in dem Alter, ist schon eine Topleistung. Die Trainer haben ihn sehr gut herangeführt an die Strecke. Dass er Skifahren kann, steht außer Frage, aber du musst hier ein bisserl das Herzerl in die Hand nehmen, das hat er getan.“ Es heißt, dass die Streif eine Strecke für die Routiniers ist. „Ausnahmen bestätigen die Regel, Thomas hat alles über den Haufen geworfen“, sagte Reichelt dazu.
Vor Schmähs von den deutschen Kollegen fürchtet er sich nicht. „Nein, weil er mit einer Österreicherin liiert ist. Deswegen haben wir ihn ja schon fast eingebürgert.“ Vor den Weltcuprennen in Garmisch-Partenkirchen könnte es keine bessere Werbung für den deutschen Skisport geben. „Super, ich glaube, dass so etwas unserem Sport gewaltig gut tut. Ein Deutscher in Kitzbühel, das wird sicher einige nach Garmisch locken. Für unseren Sport generell ist das so, so wichtig.“ Es sei ein sehr spannendes Rennen gewesen, er habe selten gesehen, dass die (VIP-)Tribüne so lange so voll gewesen sei, erklärte Reichelt.
„Ich verkrafte das sehr gern. Ich habe schon mit Mathias Berthold und Wolfgang Maier (Herren-Chef und Alpindirektor im DSV/Anm.) gesprochen, Gratulation“, sagte ÖSV-Sportdirektor Hans Pum. „Die Deutschen sind sehr gut gefahren, sie haben auch die Bedingungen genutzt, aber man muss die auch nutzen können. Eine gute Geschichte. Und unsere Bilanz ist auch gut, es war ein spektakuläres Rennen.“ Zweitbester DSV-Athlet war übrigens Andreas Sander als Sechster.
Detail am Rande: Als Reichelt am Vorabend seine Nummer wählen durfte, waren noch 1, 17 und 19 offen. Er entschied sich für die 1, Aleksander Aamodt Kilde (NOR) die 17 und für Dreßen blieb die 19 übrig. Dem voran ging ein Geplauder, in dem Dreßen zu Reichelt gesagt hatte, dass er lieber nicht die 1 hätte, denn so oft sei er in Kitzbühel noch nicht runtergefahren, und er wolle sich noch ein paar Läufer ansehen. Daraufhin habe sich Reichelt angeboten. „Mach dir nichts draus, wenn es die 1 noch gibt, nehm‘ ich sie.“ Woraufhin ein großes Danke vom Deutschen an den Österreicher ging.
„Es hätte auch genau anders laufen können. Wenn ich das vorhersehen würde, würde ich nicht Skifahren, sondern Lottospielen, dann würde ich so auch mein Geld verdienen“, meinte Reichelt. „Thomas ist ein guter Typ, er hat alles ausgenutzt, was ihm die Sonne geboten hat. Aber er ist genial Ski gefahren, so eine feine Klinge. War schön zum Zuschauen. Solche Leistungen respektiert man.“ Er selbst wusste von sich, dass er in einer guten Form sei, dass er gut Ski fahre und es (Podestplatz/Anm.) nur eine Frage der Zeit sei.
Vincent Kriechmayr erreichte als Vierter das beste Abfahrtsergebnis seiner Karriere und gönnte den Deutschen, mit denen er oft und gerne scherzt, den Erfolg: „Natürlich wünsche ich mir Sonne, aber wenn man schon bei Schatten gut runterfährt, passt das. Thomas und Andi hatten vielleicht das Glück ein bisschen auf ihrer Seite, aber man muss trotzdem die Leistung zeigen, und das haben sie.“ Sie hätten in den letzten Jahren gescheit eine drüberbekommen und würden nun schon die ganze Saison stark fahren. „Es freut mich, dass sie jetzt so stark sind.“
Matthias Mayer überraschte der Erfolg Dreßens nicht, auch wenn die Verhältnisse diesem etwas reingespielt hätten. „Er hat in den letzten Wochen schon sehr gute Leistungen gezeigt. Die Fahrt war gewaltig, großartig“.