Josef Penninger: Österreichischer Genetikstar auf dem Weg nach Kanada
Wien (APA) - Mit Josef Penninger verlässt einer der bekanntesten heimischen Wissenschafter Österreich. Wenn der weit über die Landesgrenzen ...
Wien (APA) - Mit Josef Penninger verlässt einer der bekanntesten heimischen Wissenschafter Österreich. Wenn der weit über die Landesgrenzen bekannte Genetiker einem Ruf an die University of British Columbia in Vancouver folgt, ist das für den Forscher kein Neuland. Aus Kanada kommend baute der 53-Jährige in den vergangenen 15 Jahren das Wiener Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) auf.
Bevor Penninger 2002 für die Gründung des im Jahr darauf aus der Taufe gehobenen Instituts der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gewonnen werden konnte, holte sich der Forscher den nötigen Schub für seinen wissenschaftlichen Aufstieg in Kanada. Zwei Mal wurde er dort in die „Top 10“ in der Liste der „Modernsten Wissenschafter des Jahres“ gewählt, Medien kürten ihn zum „Young leader in medicine in Canada“ und reihten ihn unter die „Zehn interessantesten Menschen des Jahres 2000“ oder unter die „Top 40 under 40“.
Die Basis für die Karriere des am 5. September 1964 im oberösterreichischen Gurten geborenen Forschers wurde allerdings mit seiner Ausbildung in Österreich gelegt. Penninger besuchte das humanistische Gymnasium in Ried im Innkreis. Sein Medizinstudium absolvierte er an der Uni Innsbruck, außerdem belegte er nebenbei noch Kunstgeschichte und Spanisch. 1990 schloss er seine Doktorarbeit beim Innsbrucker Pathologen und Altersforscher Georg Wick ab und wurde zum Dr. med. promoviert.
Mit einem „Erwin Schrödinger-Stipendium“ wechselte Penninger anschließend als Post-Doc an das Ontario Cancer Institute, wo er insgesamt vier Jahre arbeitete. In Kanada hat der Mediziner dann seine beispiellose Karriere ins Rollen gebracht. Ab 1994 war Penninger „Principal Investigator“ beim US-Gentechnikkonzern Amgen und gleichzeitig Assistant Professor am Institut für Immunologie und Medizinische Biophysik der University of Toronto, wo er - nach seiner Habilitation 1997 an der Uni Innsbruck - ab 1998 als Associate- und später als Full Professor tätig war, ehe er nach Wien ging.
Diese Rückkehr erfolgte auf eine Initiative der ÖAW hin, deren damaliger Präsident, Werner Welzig, Penninger für den Aufbau des IMBA gewinnen konnte. „Penninger ist ein Star, jung und ein Österreicher, der zurückkommen will - drei Tatsachen mit großer Symbolkraft“, erklärte Welzig damals. Unter Penningers Leitung stieg das am Campus Vienna Biocenter in Wien-Landstraße beheimatete Institut zu einer internationalen Spitzenforschungseinrichtung auf.
Zu den herausragendsten Leistungen des IMBA-Chefs zählt die Entschlüsselung der entscheidenden Rolle des körpereigenen Proteins RANKL bei vielen Körperfunktionen bzw. Krankheiten wie Osteoporose oder Brustkrebs. Wissenschaftliches Renommee konnte sich Penninger mit zahlreichen Veröffentlichungen in Fachzeitschriften erwerben, darunter eine beachtliche Zahl in Top-Journalen wie „Nature“, „Science“ oder „Cell“.
Sich selbst bezeichnete Penninger einmal als „genetischen Ingenieur“, der „herausbekommen will, wie Gene funktionieren, sowohl in der Erkrankung, als auch in der normalen Entwicklung“. Der Wissenschafter hat auch Beiträge zur Behandlung von akutem Lungenversagen geliefert, wie es bei Viruserkrankungen wie SARS oder Vogelgrippe auftritt. Im vergangenen Herbst fand ein Team um Penninger beispielsweise heraus, wie das Biogift Rizin in Zellen hineinkommt. Dabei entdeckte man einen möglichen Ansatzpunkt für ein Gegengift. Seine Forschungsarbeit bildete die Basis für ein Medikament mit dem Wirkstoff Denosumab, das heute weltweit zur Therapie der Osteoporose eingesetzt wird. Mitgegründet hat Penninger auch das Wiener Biotech-Unternehmen Apeiron.
Rund um eine im Raum stehende mögliche Übersiedlung des Wissenschafters an das Berliner Max-Delbrück-Centrum (MDC) für Molekulare Medizin gingen 2015 die Wogen hoch. Die ÖAW führte Abwehrverhandlungen gegen die drohende Abwerbung. Mit der Aussicht auf 22,5 Millionen Euro zusätzlich für das IMBA über einen Zeitraum von fünf Jahren gelang es dem Wissenschaftsministerium und der Stadt Wien daraufhin, Penninger in Wien zu halten. Mit den Mitteln betreibt das IMBA aktuell den Aufbau eines Zentrums für Stammzellforschung.
Der verheiratete Vater von drei Kindern ist einer der wenigen Forscher, die bereits zwei Mal einen mit jeweils mehreren Millionen Euro hoch dotierten „Advanced Grant“ des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten hat (zuletzt 2013). 2012 bekam er als erster Österreicher einen mit 7,4 Mio. US-Dollar dotierten „Innovator Award“ des US-Verteidigungsministeriums für seine Erfolge in der Brustkrebsforschung. Weiters erhielt er u.a. den Descartes Preis der EU (2006), den Ernst Jung Preis für Medizin (2007), die Carus Medaille der Deutschen Akademie Leopoldina (2007) und wurde 2003 vom österreichischen Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten zum „Wissenschafter des Jahres“ gewählt. Seit 2007 ist Penninger ordentliches ÖAW-Mitglied, seit 2012 Ehrenmitglied der American Association for the Advancement of Science (AAAS). 2014 wurde Penninger mit dem oft als „Austro-Nobelpreis“ bezeichneten Wittgenstein-Preis ausgezeichnet.