Börsenabsturz: Crash oder Normalisierung?
Ein rasanter Kurssturz an den US-Börsen schreckt Anleger rund um den Globus auf. Analysten sehen keinen Grund zur Panik.
New York, Wien –Die Volkswirtschaften in den USA und Europa laufen auf Hochtouren, es gibt viele neue Jobs und die Unternehmen fahren saftige Gewinne ein. Eigentlich ein stabiles Umfeld für die Finanzmärkte, möchte man meinen. Dennoch stürzten in den vergangenen Tagen viele Börse-Indizes plötzlich ab. „Erschüttert“ gaben sich gestern zahlreiche Analysten und sahen bereits einen Börsen-Crash auf die Finanzwelt zukommen. Nach dem ersten Schock versuchen nun aber viele Experten die Anleger zu beruhigen.
Was ist passiert? Nachdem vor allem im vergangenen Jahr die Börsenwerte weltweit deutlich zugelegt haben, folgte in den vergangen Tagen, ausgehend von den USA, ein plötzlicher Einbruch – „Flash-Crash“ genannt. Zum Wochenauftakt gab der Dow Jones 4,60 Prozent auf 24.345,75 Punkte nach. An den asiatischen Börsen und in Europa – auch am Wiener ATX – ging es ebenfalls kurzfristig fünf Prozent bergab.
Was hat den „Flash-Crash“ verursacht? An der Wall Street scheint die Sorge um eine schnellere Zinswende immer mehr um sich zu greifen. Die Wirtschaft brummt und die Löhne in den USA steigen. Um die Inflation in Zaum zu halten, wird erwartet, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen stärker erhöhen könnte als erwartet. Zuletzt stiegen auch die Anleihenkurse. Angefeuert werden die Anlegerängste auch von der 1,5 Billionen Dollar schweren Steuersenkung in den US. Für viele Anleger sind das Gründe genug, Aktien zu verkaufen. Der rasche Kursverfall wurde zudem von Computerprogrammen angefeuert. Werden bestimmte Kursmarken nach unten durchbrochen, werden von den Programmen automatisch und blitzschnell weitere Papiere auf den Markt geworfen.
Wie schätzen Analysten den Kursverfall ein? Nur wenige Analysten nahmen gestern das Wort Crash in den Mund. Vielmehr befinde man sich in einer „notwendigen Korrektur“, sagt RBI-Chefanalyst Peter Brezinschek. „Die höchsten Tagesverluste sind in Korrekturphasen, nicht bei Abwärtstrends.“ Von einer längeren Phase fallender Kurse könne man erst bei Einbrüchen von 20 oder mehr Prozent sprechen. Gewinnwachstum und Gewinnmoment hätten noch nicht den Gipfel erreicht, auch aufgrund der US-Steuerreform.
Wie geht es weiter? Noch gestern Abend wurde die Talfahrt an der Wall Street vorerst beendet. Die US-Börsen gaben zur Eröffnung nur kurzfristig weiter nach und drehten bereits nach einigen Minuten ins Plus. Der Dow Jones stieg um 2,33 Prozent auf 24.912,77 Punkte. Der ATX war am Abend mit 3.408,19 Punkten um 2,81 Prozent im Minus. Dennoch schlossen Analysten weitere Kurskorrekturen für die kommenden Tage nicht aus. Brezinschek rät den nicht aktienaffinen Österreichern, sich wieder langsam dem Thema Aktien zu widmen. (APA, TT)