Olympia: Kanadas Eishockey-Gold-Frauen im Schatten der Korea-Politik

Pyeongchang (APA) - Kanadas Eishockey-Frauen gehen in Pyeongchang auf das fünfte Olympia-Gold hintereinander los, die meiste Aufmerksamkeit ...

Pyeongchang (APA) - Kanadas Eishockey-Frauen gehen in Pyeongchang auf das fünfte Olympia-Gold hintereinander los, die meiste Aufmerksamkeit gehört aber dem größten Außenseiter. Der Olympia-Gastgeber bestreitet das Frauenturnier mit einer gesamtkoreanischen Mannschaft. Politisch hat das große Freude ausgelöst, im Sport war man nicht nur begeistert.

In Südkorea gibt es nur eine einzige Frauen-Eishockeymannschaft, und das ist das Nationalteam. Mehrere Jahre lang hat sich das Team gemeinsam und akribisch auf den Karriere-Höhepunkt vorbereitet, ehe die Politik den Sport auf die Seite drängte. Drei Wochen vor Beginn des Turniers wurde ein gemeinsames Team mit Spielerinnen aus Süd- und Nordkorea beschlossen.

Sportlich sind die Spielerinnen aus dem Norden kaum eine Verstärkung, wie man bei der WM der vierten Leistungsstufe im vergangenen April gesehen hat. In Gangneung, dem Olympia-Spielort, gewann der Süden gegen den Norden souverän mit 3:0.

Entschieden wurde jedoch, dass zwölf Nordkoreanerinnen in das südkoreanische Team aufgenommen und mindestens drei pro Partie eingesetzt werden. Ein Kompromiss nach lauter Kritik. Denn gefordert wurde, dass keine südkoreanische Spielerin nach der langen Vorbereitung aus politischen Gründen auf ihren Traum verzichten muss. Dennoch waren die ersten Reaktionen ausgesprochen negativ. Sie sei perplex und enttäuscht, sagte Nationaltorhüterin Shin So Jung der Zeitung „Chosun Ilbo“. Ihre Mitspielerinnen seien „frustriert und entmutigt“.

Die Integration der Schwestern aus dem Norden und die Chemie im neuen Mannschaftsgefüge zu finden, war die Aufgabe von Sarah Murray. Die Kanadierin, Tochter des früheren NHL-Trainers Andy Murray und seit vier Jahren Teamchefin von Südkorea, war zunächst ebenfalls wenig begeistert, sogar „schockiert“. „Es ist eine schwierige Situation, dass unsere Mannschaft für politische Zwecke verwendet wird, aber es ist für etwas Größeres. Wir hatten nicht viel zu sagen“, erklärte Murray.

Murray hat sich mit der Situation mittlerweile abgefunden und im einzigen Testspiel vier Nordkoreanerinnen eingesetzt. „Als Trainerin ist es hart, einigen Spielerinnen, die schon ziemlich lange im Team gewesen sind, zu sagen, dass sie nicht spielen können. Aber die gesamte Situation entzieht sich unserer Kontrolle. Deshalb versuchen wir, das Beste daraus zu machen“, meinte die Kanadierin danach.

Sie hat nun so etwas wie eine Multi-Kulti-Truppe zur Verfügung, wurden doch davor schon Spielerinnen aus Nordamerika mit koreanischer Abstammung eingebürgert. Danelle Im und Caroline Park sind Kanadierinnen mit koreanischen Wurzeln, Randi Griffin aus North Carolina ist die Tochter einer Koreanerin und eines US-Amerikaners. Marissa Brandt ist in Korea geboren, wurde aber als Kind von einer Familie in den USA adoptiert und wird bei Olympia unter ihrem koreanischen Namen Park Yoon-jung spielen.

Sollte Murray auch eine politische Botschaft ausschicken wollen, könnte sie das also mit ihrer Aufstellung machen und eine südkoreanische Torfrau, zwei US-Spielerinnen und drei Nordkoreanerinnen im sportlichen Kampf gemeinsam aufs Eis schicken. Davon ist aber nicht auszugehen. „Wir werden nicht eine Linie mit Nordkoreanerinnen bilden, nur damit sie Eiszeit bekommen. Sie haben gesagt, die Aufstellung ist meine Wahl“, erklärte die Kanadierin.

Erfolge sind vom koreanischen Team nicht zu erwarten, umso mehr von den beiden Teams aus Nordamerika. Denn Frauen-Eishockey wird seit jeher von Kanada und den USA dominiert. Bei den seit 1990 ausgetragenen Weltmeisterschaften gab es bisher nur nordamerikanische Final-Duelle. Seit 1998, als in Nagano erstmals auch Olympia-Medaillen vergeben wurden, haben nur die USA (1998) und Kanada (2002, 2006, 2010, 2014) Olympia-Gold geholt. Die beiden Teams waren auch immer in den Medaillenrängen, lediglich 2006 in Turin verhinderte Schweden ein rein amerikanisches Finale.

Kanada und die USA sind auch in Südkorea die Topfavoritinnen - im Gegensatz zu den Männern, die bei ihrem am kommenden Mittwoch beginnenden Turnier auf ihre Stars verzichten müssen, weil die NHL keine Olympia-Pause einlegt.