Olympia: 17 Tage Sport im Ringen mit Politik und Justiz

Pyeongchang (APA/dpa) - Das russische Ehepaar Anastasija Brysgalowa und Alexander Kruschelnizki gehörte zu den ersten Sportlern, die am Donn...

Pyeongchang (APA/dpa) - Das russische Ehepaar Anastasija Brysgalowa und Alexander Kruschelnizki gehörte zu den ersten Sportlern, die am Donnerstagvormittag in ihren olympischen Wettkampf gingen - noch vor der Eröffnungsfeier, die am Freitagabend im fünfeckigen Stadion von Pyeongchang stattfindet. Die beiden starteten als Mitglieder des Teams „Olympischer Athleten aus Russland“ (OAR) in den neuen Curling-Mixed-Bewerb.

Statt der Nationaltrikots trugen sie weiße Polohemden und schwarze Hosen. Falls Brysgalowa/Kruschelnizki wider Erwarten und trotz der 3:9-Auftakt-Niederlage gegen ein US-Duo doch noch Gold holen, wird für sie weder die russische Fahne gehisst noch wird die Hymne gespielt.

Die Folgen der vom Manipulationssystem der Gastgeber geprägten Spiele 2014 in Sotschi sind jetzt, da die Wettkämpfe beginnen, besonders sichtbar. Statt Russland startet ein Team „OAR“. So hatte es das Internationale Olympische Komitee (IOC) verfügt. Bis zuletzt stand nicht fest, wie viele Russen überhaupt in Pyeongchang antreten dürfen. Der Sportgerichtshof (CAS) beschäftigte sich tagelang mit Klagen russischer Athleten, die noch auf die Teilnehmerliste drängten.

Doping war eines der Kernthemen im Vorfeld der Spiele. Auch vom ersten Gastspiel Olympias in Südkorea - 1988 fanden in Seoul die Sommerspiele statt - blieb vor allem der Dopingfall des kanadischen Sprinters Ben Johnson in Erinnerung. Dass sich beschwingte Vorfreude noch nicht einstellen wollte, mag zum einen am Dauerthema Doping liegen. Zum anderen ist Südkorea bisher - abgesehen von Eisschnelllauf und Shorttrack - aber auch keine echte Wintersportnation.

Immerhin: Alle Wettkampfstätten für die 23. Winterspiele wurden rechtzeitig fertig, das Budget liegt bei zehn Milliarden Euro und damit in anderen Dimensionen als die rund 50 Milliarden von Sotschi.

Überlagert werden die Spiele vom politischen Konflikt auf der koreanischen Halbinsel. Einen Tag vor der feierlichen Eröffnung hielt Nordkorea noch eine Militärparade ab. Ein Bild, das nach den jüngsten Annäherungen an Seoul im Olympia-Vorfeld nicht so recht passte. Auch erteilte das Außenministerium in Pjöngjang möglichen Gesprächen zwischen den ranghohen Delegationen aus Nordkorea und den USA am Rande der Winterspiele eine Absage.

Immerhin schickt Nordkorea 22 Athleten nach Pyeongchang. Die Mannschaften aus Nord und Süd marschieren bei der Eröffnungsfeier zusammen ein. Es gibt ein gemeinsames Eishockeyteam bei den Frauen. Am Unterhaltungsprogramm beteiligen sich die Nachbarn mit Cheerleadern und einem Orchester. Im Rahmen der Winterspiele soll auch erstmals ein Mitglied der seit drei Generationen in Nordkorea herrschenden Kim-Familie nach Südkorea kommen. Machthaber Kim Jong-un will seine jüngere Schwester zum Großereignis beordern.

Der Papst erkennt im gemeinschaftlichen Team Koreas Hoffnung „auf eine Welt, in der die Konflikte friedlich mittels Dialog und gegenseitigem Respekt gelöst werden“. Ob diese Hoffnung auch noch berechtigt ist, wenn das olympische Feuer nach 17 Tagen am 25. Februar erlischt und die Nordkoreaner wieder heimreisen?

Doch nach der Eröffnung soll ganz allein der Sport im Vordergrund stehen. „Wir glauben, dass es Zeit für euch ist, sich auf den Sport zu fokussieren und auf das, für das ihr in den vergangenen Jahren so hart gearbeitet habt“, schrieb die IOC-Athletenkommission in einem offenen Brief.

Die knapp 3.000 Olympia-Teilnehmer müssen sich in Ostasien zum Teil an ungewöhnliche Wettkampfzeiten gewöhnen, damit das Ringe-Spektakel die wichtigen Fernsehmärkte in Europa und Nordamerika bedienen kann. So beginnt die Normalschanzen-Konkurrenz der Skispringer am Samstag erst um 21.35 Uhr koreanischer Zeit. Dafür heißt es für europäische Skifans früh aufstehen, wenn sie die Herren-Abfahrt am Sonntag (3.00 Uhr MEZ) live sehen wollen.

Nun Pyeongchang, danach die Sommerspiele 2020 in Tokio und die Winterspiele 2022 in Peking - die nächsten drei Olympia-Großereignisse finden im Umkreis von nur 2.000 Kilometern statt. Die Austragungsorte sind Ausdruck der wachsenden Bedeutung Asiens in der Welt des Sports, aber auch der Olympia-Skepsis in Europa, weil die Vorbehalte gegen den Gigantismus der Spiele gewachsen sind.