Wolff pocht auf Selbstverwaltung der Rechtsanwälte

Wien (APA) - Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff hat am Freitag jeglichen Angriff auf die anwaltliche Selbstverwaltung zurückgewiesen. Dies...

Wien (APA) - Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff hat am Freitag jeglichen Angriff auf die anwaltliche Selbstverwaltung zurückgewiesen. Diese sei Grundvoraussetzung für die Unabhängigkeit - insbesondere vom Staat -, und somit ein wesentliches Element des Rechtsstaats. Auch Justiz-Sektionschef Georg Kathrein mahnte bei der Eröffnung der 46. Europäischen Präsidentenkonferenz zur „größten Vorsicht“.

Thema des traditionellen Treffens der Präsidenten der europäischen Anwaltskammern in Wien - bei dem Wolff 200 Gäste aus 40 Ländern begrüßte - ist heuer „Selbstverwaltet oder fremdbestimmt? Anwaltliche Autonomie in Gefahr“. Dabei ging es zwar nicht dezidiert um die - von der FPÖ gewünschte, letztlich aber nicht ins Regierungsübereinkommen aufgenommene - Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern. Aber auch diese erachtete Wolff als Angriff auf die Selbstverwaltung.

Im Visier der Diskussion standen vielmehr auf EU-Ebene diskutierte Überlegungen, angesichts der „Panama Papers“ Rechtsanwälte verstärkt unter staatliche Aufsicht zu stellen. Wolff, der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK), lehnt dies vehement ab: Übernehmen anstelle der Kammern staatliche Behörden und Gerichte die Berufsaufsicht und Disziplinierung der Anwälte, wäre deren unumwundenes Eintreten für die Rechte der Klienten massiv eingeschränkt.

In Österreich entscheiden die weitestgehend autonomen Kammern selbst, wer Rechtsanwalt sein darf, in die Anwaltsliste eingetragen bzw. unter welchen Voraussetzungen daraus gestrichen wird, wie Anwälte ihre Tätigkeit genau wahrnehmen, welche Standesrichtlinien sie einzuhalten haben und wie die disziplinarische Kontrolle erfolgt. Der Justizminister hat dabei „kaum etwas mitzureden“, erläuterte Kathrein, Leiter der Zivilrechtssektion, die „berufliche Selbstverwaltung“ ohne „verdichtete staatliche Aufsicht“.

Diese staatlich garantierte Unabhängigkeit der freien Berufe sei ein Privileg - aber „kein Freibrief für Rechtsbruch und Rechtsmissbrauch“. Dass eine „bestimmte Konstruktion auf die Kreativität der beigezogenen Rechtsanwälte und Steuerberater zurückgeht, macht sie noch nicht immun“. Kathrein wandte sich jedoch gegen Änderungen des Systems „unter dem politischen Druck von unappetitlichen Anlassfällen“. „Größte Vorsicht“ sei geboten: Denn Unabhängigkeit und Autonomie der Selbstverwaltungskörper seien „kommunizierende Gefäße: Greift der Gesetzgeber in einen Bereich ein, so hat das automatisch Auswirkungen auf den anderen.“ Die Reglementierung der Anwalts-Tätigkeit - „wenn er seine Klienten warnen muss, dass sie ihm zu viel erzählen, wenn er nicht allein die Interessen seiner Mandaten, sondern auch staatliche Anliegen mitbedenken muss“ - hätte „gravierende Auswirkungen“.

Die Kammern seien aber auch gefordert: Ihrer Aufsicht über die Anwälte dürfe nicht nur eine „Scheinüberwachung“ sein, nötig sei ein „strenges Regiment, das dem Missbrauch der anwaltlichen Tätigkeit effizient entgegenwirkt“, konstatierte Kathrein.

Aus einem Land mit akuter Bedrohung der Unabhängigkeit der Justiz berichtete Necdet Basa von der Vereinigung der Türkischen Rechtsanwaltskammern. Er konstatierte, dass man - schon angesichts des breiten Einflusses des Präsidenten auf die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts und des Rates der Richter und Staatsanwälte - „weder von der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz in der Türkei noch von einem fairen Prozess“ sprechen könne. Und deponierte die Forderung nach einer Rechtsordnung, die nicht von Politik beeinflusst wird, wo die Justiz auch keine Willkür ausübt - kurz gesagt: „Wir fordern Gewaltenteilung.“