Weiterer deutscher Staatsbürger aus türkischer Haft entlassen
Ankara (APA/AFP/dpa) - In der Türkei ist ein weiterer deutscher Staatsbürger aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ein Sprecher des Au...
Ankara (APA/AFP/dpa) - In der Türkei ist ein weiterer deutscher Staatsbürger aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte am Freitag, der aus politischen Gründen inhaftierte Deutsche sei am Montag freigelassen worden, doch dürfe er die Türkei wegen einer Ausreisesperre nicht verlassen. Der Prozess gegen ihn laufe weiter.
Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte wollte der Sprecher keine näheren Angaben machen. Damit sind laut Außenamt noch sechs Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert. Der bekannteste von ihnen ist der „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel. Zu den anderen Gefangenen sind keine Einzelheiten bekannt. In den vergangenen Monaten waren mehrere Deutsche entlassen worden, die sich aus politischen Gründen in der Türkei in Haft befanden.
So kam im Oktober der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner aus der Untersuchungshaft frei und konnte daraufhin das Land verlassen. Im Dezember wurde auch die deutsche Journalistin Mesale Tolu freigelassen, doch droht ihr wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation weiter eine lange Haftstrafe. Sie darf bis auf weiteres nicht ausreisen.
Der deutsche Pilger David Britsch konnte dagegen nach Monaten in Abschiebehaft vor Weihnachten die Türkei verlassen. Auch der deutsche Soziologe Sharo Garip kehrte vor Weihnachten nach Deutschland zurück, nachdem ihm seit 2016 die Ausreise verwehrt worden war. Zuletzt wurde Ende Dezember zudem ein aus Hessen stammender Deutscher mit türkischen Wurzeln freigelassen.
Die Inhaftierung der Deutschen belastet seit Monaten die deutsch-türkischen Beziehungen. Am kommenden Mittwoch jährt sich die Festnahme von Yücel zum ersten Mal. Laut dem Außenamtssprecher gibt es in seinem Fall nichts Neues. Yücel hat beim türkischen Verfassungsgericht Beschwerde eingereicht, doch ist offen, wann das Gericht darüber entscheidet.
Der deutsch-türkische Journalist hat zudem vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geklagt. Dort wird ein Urteil vor der Sommerpause erwartet. Yücel wird wegen seiner Artikel „Terrorpropaganda“ vorgeworfen. Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete ihn als deutschen Spion und Agenten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
Die deutsche Regierung dringt auf seine Freilassung, doch hat die türkische Regierung nur zugesagt, sich für eine Beschleunigung des Verfahrens einzusetzen. Kommende Woche wird der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim zur Münchner Sicherheitskonferenz in Deutschland erwartet. Ob er dort auch deutsche Regierungsvertreter trifft, ist bisher nicht bekannt.
Unterdessen ging die türkische Führung allerdings weiter gegen ihre Kritiker vor. Am Freitag erließ die Staatsanwaltschaft in Ankara Haftbefehl gegen 17 weitere Personen, darunter die Co-Vorsitzende der zweitgrößten Oppositionspartei HDP, Serpil Kemalbay. Ihnen werde vorgeworfen, unter dem Vorwand der Kritik gegen die Afrin-Offensive Straßenproteste und Ausschreitungen organisieren zu wollen, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi. Die HDP, deren zweiter Co-Vorsitzender Selahattin Demirtas wegen mutmaßlicher Verbindungen zu militanten Kurden bereits in Haft sitzt, ist die einzige größere Partei, die in der Türkei gegen die „Offensive Ölzweig“ gegen die Kurdenmiliz YPG auftritt. Am Sonntag ist der jährliche Parteitag in Ankara geplant.
Den Europäischen Grünen zufolge wurden auch die Parteivorsitzenden der türkischen Grünen Partei, Eylem Tuncaelli und Naci Sönmez, verhaftet. Sowohl Thomas Waitz, Vorstandsmitglied der europäischen Grünen und Abgeordneter des Europaparlaments, als auch Michel Reimon, Co-Delegationsleiter der Grünen im Europaparlament, verurteilten dies heftig.