Luftangriffe

Eskalation in Syrien: Israel greift erstmals direkt iranische Ziele an

UN-Generalsekretär Antonio Guterres.
© REUTERS/Rafael Marchante

Nach dem Abschuss eines israelischen Kampfjets in Syrien eskaliert die Lage zusehends. Israel bombardiert erstmals auch offen iranische Stellungen im Bürgerkriegsland – mit Rückendeckung durch die USA. Die UNO ist angesichts der gefährlichen Ausweitung des Konflikts besorgt.

New York – Der Konflikt in Syrien hat sich nach einer Reihe israelischer Luftangriffe an dieser Front weiter verschärft. Israelische Kampfjets bombardierten am Samstag nach Armeeangaben ein Dutzend Stellungen der Regierungstruppen und des iranischen Militärs in dem Bürgerkriegsland. Zuvor war ein israelisches Kampfflugzeug bei einem Einsatz in Syrien unter Beschuss geraten und im Norden Israels abgestürzt. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu drohte mit weiteren Angriffen und erhielt Rückendeckung durch die USA.

Mit dem Eingreifen Israels intensivierte sich eine weitere Front in dem vielschichtigen Syrien-Konflikt. Es war das erste Mal seit Beginn des Bürgerkriegs, dass Israel offen erklärte, mutmaßliche iranische Ziele in Syrien attackiert zu haben. Israel befürchtet einen zunehmenden Einfluss seines Erzfeindes Iran in Syrien. Teheran zählt neben Moskau zu den wichtigsten Unterstützern des syrischen Machthabers Bashar al-Assad.

Iranische Drohne in israelischem Gebiet?

Die Lage eskalierte, als nach israelischen Angaben eine iranische Drohne von Syrien aus in israelisches Gebiet flog. Ein Militärhubschrauber habe die Drohne zunächst abgefangen, erklärte die israelische Arme. Anschließend habe ein F-16-Kampfjet das „iranische Kontrollsystem“ in Syrien bombardiert, von wo aus die Drohne gestartet worden sei.

Der israelische Kampfjet sei dann unter „massiven Beschuss“ der syrischen Flugabwehr geraten. Er stürzte später in der Jeszreel-Ebene im Norden Israels ab. Die beiden Piloten katapultierten sich der Armee zufolge aus der Maschine. Einer von ihnen erlitt demnach schwere Verletzungen.

Am Samstagmorgen flog die israelische Luftwaffe dann neue Angriffe. „Zwölf Ziele, darunter drei Luftabwehrsysteme und vier iranische Ziele, die Teil der iranischen Militäreinrichtungen in Syrien sind, wurden getroffen“, erklärte die Armee.

Syriens Staatsmedien meldeten, die Armee habe israelische Luftangriffe im Zentrum des Landes und nahe Damaskus abgewehrt. Dabei seien mehrere israelische Kampfjets getroffen worden, berichtete die Nachrichtenagentur SANA.

Auch russische Soldaten in betroffener Region stationiert

Nach Informationen der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bombardierten die israelischen Flugzeuge Militärstützpunkte im Osten der Provinz Homs. In der Region seien auch iranische und russische Soldaten stationiert.

Israel warf dem Iran wegen des Drohnenflugs eine Verletzung der israelischen Souveränität vor. Er mache „den Iran und seine syrischen Gastgeber für die heutige Aggression verantwortlich“, sagte Netanyahu. Israel werde sich weiterhin „entschlossen gegen jeden Angriff auf uns verteidigen und gegen jeden Versuch des Iran, sich militärisch in Syrien oder irgendwo sonst zu verankern“. Der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus sagte, der Iran und Syrien spielten „mit dem Feuer“.

US-Regierung stärkt Israel den Rücken

Die US-Regierung stärkte ihrem Verbündeten Israel den Rücken. „Die USA sind tief besorgt über die heutige Eskalation der Gewalt über Israels Grenze und unterstützen entschieden Israels souveränes Recht auf Selbstverteidigung“, erklärte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert. Sie forderte „ein Ende des iranischen Verhaltens, das Frieden und Stabilität bedroht“.

Der iranische Außenministerium warf Israel hingegen „Lügen“ vor, mit denen das Land seine „Verbrechen in der Region“ verdecken wolle. Der Iran bestritt, eine eigene militärische Präsenz in Syrien zu unterhalten. Es seien lediglich Militärberater geschickt worden.

Das russische Außenministerium rief die Konfliktparteien zur „Zurückhaltung“ auf: Es sei „absolut inakzeptabel“, Leben und Sicherheit von in Syrien stationierten russischen Soldaten zu gefährden.

UNO-Generalsekretär fordert sofortige Deeskalation

Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres zeigte sich besorgt über die „alarmierende militärische Eskalation in Syrien und der gefährlichen Ausweitung (des Konflikts) über seine Grenzen“. Er forderte eine sofortige Deeskalation in dem Bürgerkriegsland.

Israel und Syrien befinden sich seit Jahrzehnten formell im Kriegszustand. Angeheizt wird die Lage dadurch, dass gleich zwei erklärte Feinde Israels - der Iran und die schiitische Hisbollah-Miliz - an der Seite von Damaskus in den Bürgerkrieg eingreifen.

In der Nacht auf Sonntag blieb die Lage ruhig, es kam vorerst zu keinen neuen Angriffen. Heute will das israelische Sicherheitskabinett tagen. Die Minister wollten über das weitere Vorgehen nach der jüngsten Eskalation beraten, berichtete das israelische Fernsehen. (TT.com, APA/dpa)