Armenier-Genozid - Diplomatischer Streit zwischen Den Haag und Ankara
Ankara/Den Haag (APA/Reuters) - Im Streit über den Völkermord an den Armeniern ist der Geschäftsträger der Niederlande ins türkische Außenmi...
Ankara/Den Haag (APA/Reuters) - Im Streit über den Völkermord an den Armeniern ist der Geschäftsträger der Niederlande ins türkische Außenministerium zitiert worden. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Ereignisse von 1915 politisiert würden, indem sie aus dem historischen Kontext gerissen würden, erklärte der Sprecher des Außenministeriums am Samstag.
Hintergrund sind zwei Gesetzesentwürfe für das niederländische Parlament, nach denen die Tötung von rund 1,5 Millionen Armeniern im Jahr 1915 durch das Osmanische Reich als Völkermord anerkannt würde. Ähnliche Schritte durch die Parlamente Deutschlands und Österreichs hatten bereits vor drei Jahren die bilateralen Beziehungen mit Ankara belastet.
Die Türkei habe ihre Ansicht in der Armenien-Frage dem niederländischen Geschäftsträger dargelegt, sagte der Ministeriumssprecher in Ankara. Das Thema sei ein Indikator dafür, ob die Niederlande ein Interesse an einer Normalisierung der Beziehungen mit der Türkei habe. Das Verhältnis der beiden NATO-Partner ist gespannt, nachdem die Niederlande 2017 Wahlkampfauftritte türkischer Minister vor dem Referendum zur neuen Verfassung, die dem Präsidenten mehr Macht einräumt, untersagt hatten. Gespräche über eine Verbesserung der Beziehungen scheiterten, die Niederlande beriefen am 5. Februar ihren Botschafter aus Ankara zurück.
Die Regierungsparteien in den Niederlanden haben angekündigt, zwei Gesetzesentwürfe der konservativen Christlichen Union unterstützen, die in den kommenden Wochen im Parlament beraten werden sollen. Einem Entwurf zufolge soll der Genozid an den Armeniern als historische Tatsache anerkannt werden. Ein weiterer sieht vor, dass erstmals ein Regierungsvertreter an der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Völkermordes am 24. April in Armenien teilnehmen soll.
Die aus dem Osmanischen Reich hervorgegangene Türkei erkennt zwar an, dass zahlreiche christliche Armenier während des Ersten Weltkrieges getötet wurden. Dass es sich dabei um einen systematischen Völkermord handelte, für den die Regierung des Osmanischen Reiches verantwortlich war, bestreitet sie aber. Sie argumentiert, dass damals auch viele muslimische Türken verfolgt worden seien. Der Streit über die Anerkennung des Völkermordes als historische Tatsache belastet bis heute die Beziehungen zwischen der Türkei auf der einen Seite und Armenien und vielen westlichen Staaten auf der anderen Seite.