Grasser-Prozess

Kostenlose Strategien für den Finanzminister

Die Angeklagten (v.l.) Karl Petrikovics, Peter Hochegger, Walter Meischberger und Karl-Heinz Grasser.
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Ex-FPÖ-Politiker Meischberger outet im Korruptionsprozess rund um die Buwog-Privatisierung Jörg Haider als seinen Informanten.

Von Cornelia Ritzer

Wien – Es sind zwei Profis ihres Metiers, die sich am 30. Verhandlungstag des Buwog-Prozesses gegenübersitzen. Auf der Richterbank ist es Marion Hohenecker, die den Angeklagten gewohnt hart in der Sache, aber verbindlich im Ton befragte. Wie an den Verhandlungstagen zuvor zeugen ihre Fragen von Kompetenz, Wissen – und der Liebe zum Detail. Ihr gegenüber, auf dem Zeugenstuhl, nimmt zum zweiten Mal Walter Meischberger Platz. Im gewohnt schmal geschnittenen Anzug und mit penibel gebundener Krawatte tritt der Zweitangeklagte des so genannten „Grasser-Prozesses“ auf.

Der 58-Jährige hatte den Auftakt seiner Beschuldigtenbefragung für eine ausführliche Stellungnahme genützt. Einen ganzen Tag dauerte sein Monolog, seine Erzählung über die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse Anfang der 2000er-Jahre, der Richterin Hohenecker, die zwei Staatsanwälte und die sechs verbliebenen Schöffen und Ersatzschöffen interessiert zuhörten. Denn reden kann „Meischi“ – wie der gebürtige Tiroler jovial genannt wird – bekanntermaßen sehr gut. Und immer wieder bringt er sein Publikum, ob das Gericht oder die Besucher auf der Galerie des Großen Schwurgerichtssaals, zum Lachen.

„Strategic Business Unit“, strategische Geschäftseinheit, steht in weißen Buchstaben auf der schwarzen Stofftasche, in die Meischberger seinen Ordner mit den Unterlagen zum Prozess steckt. Und um Strategien geht es in seiner Befragung. Strategische Beratung habe er für seinen (Partei-)Freund Karl-Heinz Grasser geleistet, seit dieser im Jahr 2000 Finanzminister wurde. Im Schnitt sei er „einmal die Woche“ im Ministerium gewesen, erzählte Meischberger, um den jungen Finanzminister und seine Marke, das geplante Nulldefizit, „politisch-strategisch“ zu unterstützen. Das Nulldefizit sollte eben durch Privatisierungen finanziert werden. Ein Büro habe er dort nicht gehabt – „leider, das wäre nett gewesen“, scherzte der frühere FPÖ-Politiker. Und erntete Lacher.

Kostenlos und ohne schriftliche Vereinbarung habe er diesen Job erledigt – wie auch die Geschäftsbeziehungen zu dem mitangeklagten Ex-PR-Berater Peter Hochegger (der teilgeständig ist) sowie dem Immobilienexperten Ernst Karl Plech nicht verschriftlich wurden. Die Buwog-Privatisierung brachte Meischberger und Hochegger 9,6 Mio. Euro Provision, laut Anklage handelt es sich dabei um eine Bestechung der beiden sowie Grassers und Plechs dafür, dass der Zuschlag für den Verkauf an das Immofinanz-RLB-OÖ-Konsortium ging. Dass das so genannte Österreich-Konsortium im Juni 2004 im Bieterverfahren siegte – und es zuvor zu einer zweiten Bieterrunde kam –, sei laut Meischberger übrigens dem verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider zu verdanken. Diesen outete der einstige FPÖ-Generalsekretär als Informanten in der Causa Buwog: Dieser habe sich die zweite Bieterrunde gewünscht, bei der das von Meischberger beratene Konsortium finanziell nachlegen und auf 961 Mio. Euro erhöhen konnte. 1999 trennten sich Meischbergers und Haiders Wege nach einem Streit inklusive Parteiausschluss, 2003 soll laut Meischberger die Versöhnung erfolgt sein.

Anwalt Michael Dohr gewohnt stilsicher.
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