„Jupiter‘s Moon“: Fluchtmetapher und visueller Genreexzess

Wien/Linz (APA) - Dem schwierigen Thema Migration lässt sich im Film mit nüchterner Sozialkritik oder Betroffenheitskitsch begegnen - oder a...

Wien/Linz (APA) - Dem schwierigen Thema Migration lässt sich im Film mit nüchterner Sozialkritik oder Betroffenheitskitsch begegnen - oder als bildgewaltige Metapher, wie Kornel Mundruczo mit „Jupiter‘s Moon“ unter Beweis stellt. Er legt eine Parabel auf das Ungarn von heute vor, die viel will und vieles erreicht. Heute, Mittwoch, Abend eröffnet das Werk das Linzer Crossing Europe und läuft ab Freitag im Kino.

Bereits mit dem Prolog macht Mundruczo („Underdog“) klar, dass er sein Sujet nicht in der Position ruhiger Beobachtung schildern wird: Der Beginn von „Jupiter‘s Moon“ ist von einer ästhetischen Unmittelbarkeit, die an Kriegswerke wie „Saving Private Ryan“ erinnert. Das schnittlose Geschehen überwältigt mit seiner Wucht, seiner Geschwindigkeit, wenn die Kamera in einem Flüchtlingslager dem korrupten Arzt Gabor Stern (Merab Ninidze) auf seinen Wegen folgt, bevor alsbald der syrische Flüchtling Aryan Dashni (Zsombor Jeger) ins Spiel kommt, der vor den Augen seines Vaters (David Yengibarian) an der ungarischen Grenze von Polizist Laszlo (György Cserhalmi) niedergeschossen wird.

Doch statt zu sterben, entwickelt Aryan die übersinnliche Fähigkeit, in die Luft zu steigen. Bald erhebt sich der junge Flüchtling jesusgleich mit ausgestreckten Armen vom Erdboden, schwebt wie ein Engel in der Luft. Dieses Talent macht den chronisch klammen Stern auf Aryan aufmerksam, der in dem ruhigen Jüngling ein Bombengeschäft wittert, kennt er doch eine ganze Reihe religiöser und wohlhabender Patienten, die für ein Wunder zu zahlen bereit sind. Unterdessen ist den beiden der skrupellose Laszlo mit seinen Schergen auf den Fersen.

Und so nimmt „Jupiter‘s Moon“ alsbald den Fokus von der Flüchtlingsthematik im engeren Sinne und zeichnet ein Bild des Orban-Ungarns mit der allgegenwärtigen Korruption und Gier, dem omnipräsenten Alkohol und der fehlenden Empathie für den Anderen. Dazu verwebt Mundruczo Flüchtlingsdrama und Kapitalismuskritik, religiöse Parabel und Thriller samt aufwendigem Shootout.

In seinen guten Momenten erinnert sein Werk an düstere Skizzen des Verfalls wie Lars von Triers „Element of Crime“, in den schwächeren Sequenzen verliert sich der Regisseur ein wenig in seinem Genreexzess. Visuell ist dem 43-Jährigen jedoch eine höchst beeindruckende Metapher gelungen, die einen ungewohnten Zugang zu ihrem Sujet wählt.

(S E R V I C E - http://www.thimfilm.at/filmdetail/jupiters-moon ; www.crossingeurope.at)