Kurz in den VAE - „Wichtiger Player“ mischt massiv im Jemen-Krieg mit

Sanaa (APA) - Wenn Bundeskanzler Sebastian Kurz am Sonntag in den Vereinigten Arabischen Emiraten Kronprinz Scheich Khalifa Mohammed bin Zay...

Sanaa (APA) - Wenn Bundeskanzler Sebastian Kurz am Sonntag in den Vereinigten Arabischen Emiraten Kronprinz Scheich Khalifa Mohammed bin Zayed al-Nahyan trifft, geht es neben Wirtschaftsthemen auch um „aktuelle politische“ und wohl auch geostrategische Fragen. Die VAE seien ein „wichtiger Player in der Golfregion“ sind, meinte Kurz im Vorfeld. In der Tat mischen die VAE besonders im Bürgekriegsland Jemen mit.

Auslöser des Krieges war die Eroberung weiter Teile des Jemen durch die schiitischen Houthi-Rebellen, die im September 2014 die Hauptstadt Sanaa übernommen hatten. Dazu wurde eine Allianz mit dem früheren Staatspräsidenten Ali Abdullah Saleh geschmiedet. Die Vorgeschichte: Nach Massenprotesten war Saleh 2011 vom Golfkooperationsrat zum Rücktritt gedrängt worden. In Sanaa sollte „Nationaler Dialog“ alle führenden politischen und gesellschaftlichen Kräfte an einen Tisch bringen. Ziel war ein Neuaufbau des jemenitischen Staates.

Saleh, der die Rebellen als Präsident von 2004 bis 2010 noch bekämpft hatte, wollte diesen Prozess aber mithilfe der Houthi scheitern lassen. Das Bündnis zerbrach im August 2017, als sich Saleh wieder Saudi-Arabien zuwandte. Im Dezember 2017 wurde er von den Houthi getötet.

Hinter dem Bürgerkrieg im Jemen steckt ein Stellvertreterkonflikt der Regionalrivalen Iran und Saudi-Arabien. Den Krieg führt offiziell eine internationale Militärkoalition mit Spitze Saudi-Arabien an der Spitze. Beteiligt sind die USA, Großbritannien und eben die Vereinigten Arabischen Emirate.

Die VAE und Saudi-Arabien sind die dabei die beiden wichtigsten Akteure, die den jemenitischen Präsidenten Abed Rabbo Mansour Hadi im Krieg gegen die Houthi-Rebellen unterstützen. Die Rivalität zwischen den beiden Ländern beschleunigte jedoch auch den Zerfall des Jemen, wie Beobachter konstatieren. Von den Emiraten finanzierte Milizen übernahmen die Kontrolle über die Hafen- und Interimshauptstadt Aden und den Südjemen. Hadi wurde aus Aden vertrieben.

Den VAE wird von Insidern auch vorgeworfen, im Jemen massiv eigene Ziele zu verfolgen. Abu Dhabi nutze den Krieg, „um für sich eine autonome Einflusszone abzustecken“, analysierte Kristian Coates Ulrichsen, Experte für die Golfregion am US-amerikanischen Baker Institute Center, unlängst gegenüber der „Neuen Zürcher Zeitung“. Sie hätten mit amerikanischer Hilfe neben Aden auch die meisten anderen strategisch wichtigen Hafenstädte im Jemen in ihren Einflussbereich gebracht.

Zudem würden die VAE im Jemen mit radikalen Salafisten paktieren. Im Hintergrund stehe dabei die Bekämpfung der Muslimbrüder. Sie sind für Abu Dhabi ein rotes Tuch. Coates Ulrichsen gegenüber der „NZZ“: „Um die Muslimbrüder auszuschließen, haben sich die Emirate mancherorts mit radikaleren Kräften zusammengetan.“

Dramatisch sind die Auswirkungen des Krieges auf die Menschen im ärmsten Land der arabischen Welt. Mehr als 10.000 Menschen wurden getötet, drei Viertel der Jemeniten sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Rund ein Viertel der Bevölkerung leidet an massiver Unterernährung. Nach Angaben des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF sind deshalb 400.000 Buben und Mädchen in Lebensgefahr.

Die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen ist laut Medienberichten zerstört, und mutmaßlich eine Million Jemeniten ist mit dem Choleravirus infiziert. Alle zehn Minuten sterbe ein Kind unter fünf Jahren an Ursachen, die vermieden werden könnten, meinte dazu vor einigen Wochen die Hilfsorganisation International Rescue Committee.

Kurz wollte mit Scheich Khalifa Mohammed bin Zayed al-Nahyan am Sonntag in Abu Dhabi nach eigenen Angaben vor allem den Kampf gegen die Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) besprechen. Das Themenspektrum könnte wohl durchaus erweitert werden. Auch abseits des Jemen-Konflikts, immerhin wird der Kronprinz von Lästermäulern unter anderem wegen Engagements in Katar, Libyen, Ägypten, dem Gaza-Streifen oder im Bahrain als heimlicher „Fädenzieher vom Golf“ bezeichnet.