Eine Sprache, die keiner Worte bedarf
Mit Bobby McFerrins schrägen Stimmexperimenten und viel Raum für Improvisation eröffnet das TschirgArt-Festival sein 15-Jahr-Jubiläum.
Von Luca Gasser
Imst — Eine Stimme, die zu allen möglichen Instrumenten wird: tief wie ein Bär und hoch wie ein Kleinkind. Das ist die Klangvielfalt des US-amerikanischen Stimmvirtuosen Bobby McFerrin, der am vergangenen Samstag als erstes großes Highlight die 15. TschirgArt-Saison im Glenthof in Imst einläutete.
Eröffnet wurde der Abend mit Bobby McFerrin vom Diknu Schneeberger Trio, bestehend aus Diknu Schneeberger, seinem Vater und seinem Gitarrenlehrer. Sie gaben kurzweiligen Gypsy-Jazz zum Besten, konkreter Sinti-Jazz. Das „Wunderkind" Diknu Schneeberger fiedelte dabei mit Hochgeschwindigkeit über das Griffbrett. Easy listening mit hohem technischen Schwierigkeitsgrad.
Der Hauptact McFerrin holte sich bei seinem inzwischen dritten Gastspiel beim TschirgArt-Festival Unterstützung auf die Bühne: Er wurde von Joey Blake, Dave Worm und den Gospel Singers aus Tirol begleitet. Allesamt Stimmwunder, die lediglich mit Funkmikrofonen bestückt waren und das nutzten, was die eigene Stimme hergab. Bobby McFerrin improvisierte von Beginn an frei von der Leber weg. Dabei war er manchmal so leise, dass jeder Schmatzer hörbar wurde. In hoher, heiserer Stimmlage erinnerte der 68-Jährige gar an einen verwirrten Tattergreis. Wenn ihm eine Melodie gefiel, gab er sie an Gruppen der Gospel Singers weiter, die hinter ihm nach Stimmlage aufgereiht saßen.
Magische Bühnenmomente
Imst — Das Beste aus 15 Jahren TschirgArt JazzFestival. Das ist aktuell in der Städtischen Galerie Theodor von Hörmann Imst nicht zu hören, sondern zu sehen. Das Kulturreferat der Stadt Imst und der Art Club Imst zeigen anlässlich des diesjährigen Jubiläums von TschirgArt dort die Ausstellung „Great Moments" mit Bildern der Festivalfotografen Helmuth Schöpf, Thomas Böhm, Mike Maass, Alexandra Rangger und Andrew Rinkhy. Seit 2003 begleiten sie das erfolgreiche Festivalformat und dokumentierten in dieser Zeit zahlreiche magische Bühnenmomente mit Musikergrößen wie George Benson, Lou Reed, Dee Dee Bridgewater oder Al Jarreau. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 16. Juni.
Durch das gemeinsame Singen wurden aber auch die stimmlichen Unterschiede hörbar. Ein „Bam" von den Stimmbändern Bobby McFerrins klang wie ein hohles Fass, dem ein kräftiger, nachwirkender Schlag versetzt wird. Bei den Gospel Singers bleibt es lange Zeit ein einfaches „Bam". Aber wer kann es ihnen verübeln? Eine Gospel-Nummer konnte sich der Chor nicht verkneifen, ansonsten lief der Abend meist ideologiefrei ab.
Auch das Publikum hat Bobby McFerrin hin und wieder in das Konzert inkludiert, die linken Sitzreihen sangen „Ojeje Oh, Ojeje Oje", die rechten „Pranone Jojo" — und schlussendlich sang der gesamte ausverkaufte Glenthof in Imst in einer musikalische Fantasiesprache. Das Dirigieren meisterte McFerrin ohne Anleitungen, sondern nur über Gesten und Vorsingen. Ein absolutes Highlight war die Imitation von deutschem Liedgut im Marschtakt. Obwohl frei erfunden, klangen die Laute zweifellos wie die Ecken und Kanten der deutschen Sprache. Bobby McFerrin erzählte also ohne bekannte Wörter viel über die Freude an der Musik und dem gemeinsamen Singen.
Übrigens: McFerrins Superhit „Don't Worry, Be Happy" blieb auch bei der Zugabe aus. Dafür hatte das Publikum einem einzigartigen, weil improvisierten Konzert gelauscht.