Autorin Sponholz: Medien oft „unfreiwillige Helfer von Hassrednern“
Wien (APA) - Die Kommunikationswissenschafterin Liriam Sponholz hat am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion der Österreichischen Akademie ...
Wien (APA) - Die Kommunikationswissenschafterin Liriam Sponholz hat am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ihr Buch „Hate Speech in den Massenmedien“ vorgestellt. Aus ihrer Sicht werden Medien oft zu „unfreiwilligen Helfern von Hassrednern“.
Der stellvertretende Direktor Josef Seethaler begrüßte im Namen der ÖAW „zu einer Veranstaltung, von der ich mir eigentlich gewünscht hätte, sie müsste nie stattfinden“. Hate Speech sei „kein neues Phänomen“ und kein Produkt Sozialer Medien, sondern habe „unsere Geschichte geprägt“.
Sponholz definiert Hate Speech als jede öffentliche Kommunikation, die gesellschaftliche Gruppen als minderwertig diskriminiert. Die Folgen reichen von individuellen Diskriminierungserfahrungen bis hin zur gesellschaftlichen Spaltung und Gewalt zwischen sozialen Gruppen. Gegenstandpunkte zu beziehen ist laut Sponholz wichtig. Allerdings bestehe auch die Gefahr, dass dadurch Kontroversen „am Köcheln gehalten werden“, insbesondere wenn prominente Sprecher den Inhalten eine Bühne bieten. So würden Medien oftmals „zu unfreiwilligen Helfern von Hassrednern“, wenn sie die Inhalte öffentlich diskutabel machen.
Laut Claudia Schäfer, Journalistin und ehemals bei der Antirassismus-Organisation ZARA, seien in den letzten Jahren vor allem Muslime und Geflüchtete von Hate Speech betroffen gewesen. Vor allem im Internet gebe es „eine unglaubliche Bandbreite“ von Hetze gegen Minderheiten. Für den Politologen Reinhard Heinisch gilt es, dabei zwischen emotionalen Affekthandlungen und zielgerichteter Manipulation zu unterscheiden. Für ihn verläuft die Grenze zwischen freier Meinungsäußerung und strafrechtlich relevanter Verhetzung dort, wo der Kommunikation eine strategische Absicht zugrunde liegt.
Klaus Davidowicz, Professor für Judaistik an der Universität Wien, erklärte die Dynamik damit, dass Hate Speech „bestimmte Codes bedient“, also auf bereits verbreitete Deutungsmuster zurückgreift. Insbesondere die Formen der subtilen Propaganda werden laut Davidowicz oftmals genauso verwendet, wie zu Zeiten des Nationalsozialismus. Als Beispiel nannte er die Debatte um George Soros.
Die Referentin und Aktivistin Dudu Kücükgöl sieht vor allem Politik und Medien in der Verantwortung. Diese würden die politischen Diskurse prägen, deren Gesamtheit zu rassistischen Übergriffen führen. Am Beispiel der aktuellen „Kopftuchdebatte“ beklagte sie, es werde sogar „auf den Rücken von Kindern Politik gemacht“.
Die Diskutanten plädierten einhellig für vorbeugende Aufklärung. Viele Menschen würden verhetzende Inhalte nicht erkennen, was aber nicht heißt, dass die Narrative nicht wirken. Im politischen System hilft laut Heinisch einzig die konsequente Ausgrenzung rechtspopulistischer Parteien. Auch sei zu beobachten, dass ihnen anlassbezogene zivilgesellschaftliche Skandalisierung schade, wie zum Beispiel im Fall der „Liederbuchaffäre“ um den niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer zu beobachten gewesen sei.