Interview

Prudlo: „Die Reform macht die Liga ehrlicher“

Gewerkschafter Oliver Prudlo befürwortet die Ligareform.
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Einst Meister mit dem FC Tirol, später Wacker-Sportdirektor, jetzt Spieler-Gewerkschafter: Oliver Prudlo (50) macht sich über die Ligareform Gedanken.

Wie sehen Sie die Sponsoren­landschaft für Spitzenfußball in Tirol?

Oliver Prudlo: Gerhard Stocke­r (Wacker-Präsident, Anm.) bemüht sich, vielleicht fällt ja einmal ein Didi Mateschitz (Red-Bull-Boss, Anm.) auf Tiroler Boden. Noch ist man von landesnahen Sponsoren abhängig.

Geld war hierzulande immer ein Thema. Wie erlebten Sie die Pleite des FC Tirol (2001/02, Anm.)?

Prudlo: Die Gehälter blieben damals immer länger aus, zwischendurch war man zwei, drei Monate im Rückstand. Manchmal gingen wir Spieler zum Training und sprachen in Gruppen über die Situation. Nach 20 Minuten meinte Jogi Löw damals: „Es hat keinen Sinn“ – beendete das Training und bewies damit Fingerspitzengefühl. Immerhin: Wir wurden Meister.

Hat Sie die Zeit geprägt?

Prudlo: Natürlich, weil das ja auch vor Gericht noch Jahre weiterging. Man fühlte sich ungerecht behandelt, weil uns von den Verantwortlichen immer erklärt wurde: „Wir bekommen es hin.“ Wir haben unsere Arbeit abgeliefert, wurden aber getäuscht.

Das Szenario hat den Tiroler Fußball nachhaltig beeinflusst.

Prudlo: Bestimmt. Zum einen imagemäßig, zum anderen war man nach der Neugründung (2002/03, Anm.) vielleicht zu schnell zu erfolgreich. Man kehrte nach zwei Jahren in die Bundesliga zurück, musste aber bei aller Redlichkeit wirtschaftlich immer kämpfen. Deshalb ging es sportlich wieder bergab – irgendwann erwischt es dich.

Die Gehälter waren beim FC Tirol damals sehr üppig. Sind sie vergleichbar mit dem, was heute üblich ist?

Prudlo: Manche wären auch heute noch gut bezahlte Profis mit dem, was sie damals verdienten.

Was stellen Sie im modernen Fußball Österreichs fest?

Prudlo: Die Gehaltsschere geht weit auseinander: Es gibt Vereine mit Mindestlohn (1200 € brutto, Anm.), am anderen Ende sind Klubs wie Salzburg, Rapid, Austria.

Sind 1200 Euro im Monat gerechtfertigt?

Prudlo: Für junge Spieler, die bei den Eltern wohnen, ist das zu Beginn in Ordnung. Aber irgendwann musst du in ein­e andere Gehaltsstufe kommen. Du kannst nicht hauptberuflich in einer Branche sein, wenn du nach 15 Jahren anderswo wieder als Lehrling anfängst. Du solltest was auf die Seite bringen können.

Wird diese Realität zur Kenntnis genommen?

Prudlo: Das Gefühl habe ich schon. In meiner aktiven Zeit gab es jedes Jahr ein bis zwei Konkurse, aber durch die Lizenzierung hielt Vernunft Einzug. Auch die Ligareform ist ein Zeichen dafür, dass mehr Ehrlichkeit gelebt wird.

Wie wirkt sich das neue Liga­format – eine Profi- und eine Halbprofi-Liga – auf die Entlohnung aus?

Prudlo: In der neuen zweiten Liga sind keine Profis mehr vorgeschrieben, die Vereine können also auch Aufwandsentschädigung zahlen. Manche werden bei einem Vollprofi-Betrieb bleiben, manche die Spieler auf Teilzeit-Basis anstellen. Die trainieren halt dann nicht am Vormittag und gehen am Sonntag nicht auslaufen.

Vor Jahren wurden Schwarzzahlungen in den Raum gestellt – ist das immer noch ein Thema?

Prudlo: Wir sind zuletzt in der Bundesliga kaum noch mit solchen Fällen konfrontiert, es ist einfach kein Kavaliersdelikt. In den Ligen darunter haben die Vereine das Instrument der Aufwandsentschädigung bekommen und können damit und mit der geringfügigen Beschäftigung arbeiten.

Befürchten Sie, dass durch die Ligareform Fußballer arbeitslos werden könnten?

Prudlo: Die Reform wird schon Einfluss haben – aber wie zukunftsträchtig waren früher die Arbeitsplätze? Junge Kicker verdienten 800, dann 1200 Euro und waren später arbeitslos. Denen wurd­e vorgegaukelt, sie seien Profifußballer. Das System ist jetzt ehrlicher, das war ja auch der Grund für Reform.

Das Gespräch führte Florian Madl