Freihandelsabkommen

Regierung winkt CETA durch: Ein Abkommen mit Profiteuen

Die Umweltorganisation Greenpeace hat aus Protest gegen den Beschluss des Freihandelsabkommens CETA das Bundeskanzleramt am Wiener Ballhausplatz abgeriegelt.
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Gegner des europäisch-kanadischen Abkommens kritisieren die Schieds-gerichte. Für Austro-Firmen bedeutet CETA bessere Exportchancen.

Von Serdar Sahin

Wien — Die schwarz-blaue Bundesregierung hat das umstrittene europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA am Mittwoch im Ministerrat beschlossen. Im Parlament soll der Pakt im Juni ratifiziert werden. Vor dem Bundeskanzleramt protestierten neben Greenpeace-Aktivisten, die angekettet mit Stahlketten den Haupteingang des Kanzleramtes blockierten, zahlreiche weitere Organisationen gegen das Abkommen.

ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck verteidigte den Regierungsbeschluss mit einem Seitenhieb auf die SPÖ — nämlich einem Zitat des roten Parteichefs und früheren Kanzlers Christian Kern aus dem Jahr 2016: CETA sei „wahrscheinlich das beste Handelsabkommen, das die EU je abgeschlossen hat". Sie schließe sich dem „voll inhaltlich an".

FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl, die formal für völkerrechtliche Verträge zuständig ist, erklärte die Zustimmung der FPÖ damit, dass dies eine der wesentlichen Bedingungen der ÖVP für die Koalition gewesen sei.

Die FPÖ, die vor der Nationalratswahl im vergangenen Jahr noch klar gegen CETA war, hat den Pakt also mit der ÖVP abgesegnet. Die SPÖ wirft den Freiheitlichen deshalb einen „Umfaller" vor. Diese wehren sich damit, dass CETA „entscheidende Giftzähne" gezogen worden seien.

Doch was ist das Ziel von diesem Abkommen und woran gibt es Kritik? Ein Überblick:

CETA steht für „Comprehensive Economic and Trade Agreement" (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen). Die technischen Verhandlungen begannen 2009, beendet wurden sie 2014. Unterschrieben wurde der Pakt am 30. Oktober 2016. Das Abkommen trat am 21. September 2017 vorläufig in Kraft — dazu später mehr.

CETA sieht die Abschaffung von Zöllen für 99 Prozent der Waren vor und eine Marktöffnung in Bereichen, in denen EU-Unternehmen weltweit führend sind. Nach Angaben der EU-Kommission werden mehr als 140 Produkte aus EU-Regionen geschützt — vom Tiroler Speck bis zum holländischen Gouda. Laut Wirtschaftsressort biete CETA­ nicht nur Konzernen Vorteile, sondern auch kleineren und mittleren Unternehmen. Beispielsweise profitiere demnach die Bergkäserei Zillertal — mit einer Exportquote von rund 60 Prozent — bereits von niedrigeren Zöllen.

Denn ein Teil von CETA ist bereits gültig, die Ratifizierung ist für jenen Teil nötig, der die umstrittenen Schiedsgerichte betrifft. Diese sollen Unternehmen, die im Ausland investieren, vor staatlicher Willkür schützen und sehen vor, dass im Streitfall ein unabhängiges Schiedsgericht darüber befindet, ob ein Staat die Rechte eines Unternehmens durch unverhältnismäßige Gesetzesmaßnahmen verletzt hat.

APA-Recherchen zufolge sollen die Schiedsgerichte öffentlich und nicht privat sein. Verfahren sollen transparent, Dokumente öffentlich und eine Berufung soll möglich sein. Für Mitglieder dieser Gerichte sollen strenge Ethikregeln gelten.

Das Schiedsgericht soll aus 15 Richtern bestehen, von denen für jeden Fall je drei ausgewählt werden. Richter werden für fünf Jahre ernannt. Fünf kommen aus der EU, fünf aus Drittstaaten, fünf aus Kanada. Ab Amtsantritt dürfen sie nur in einem Streitfall zwischen Investor und Staat entscheiden, um die Unabhängigkeit zu garantieren.

Für Kritiker des Pakts ist es unverständlich, warum man zwischen Industriestaaten mit einem funktionierenden Rechtssystem parallel ein anderes System aufbauen möchte. Sie fürchten, dass Konzerne auf diese Weise leicht Staaten verklagen können, wenn ihnen Gesetze einen Strich durch die Rechnung machen.