Mutmaßlicher Jihadist wegen Sozialbetrugs in Graz vor Gericht
Graz (APA) - Im Grazer Straflandesgericht sind am Mittwoch wieder einmal zwei mutmaßliche Jihadisten auf der Anklagebank gesessen. Neben den...
Graz (APA) - Im Grazer Straflandesgericht sind am Mittwoch wieder einmal zwei mutmaßliche Jihadisten auf der Anklagebank gesessen. Neben den üblichen Vorwürfen der kriminellen Vereinigung und terroristischen Organisation musste sich einer von ihnen auch wegen Betrugs verantworten. Er soll einem Freund und dessen Mutter geholfen haben, widerrechtlich Geld vom Arbeitsamt und der Krankenkasse zu beziehen.
Die beiden angeklagten Tschetschenen (23 und 24) leben seit ihrer Kindheit in Graz und sind befreundet. Der 23-Jährige soll einem weiteren Freund geholfen haben, nach Syrien zu kommen und dort für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zu kämpfen. Damit dieser weiterhin Notstandshilfe bekommt, gab er sich beim Arbeitsamt bei einem Kontrollbesuch als sein Freund aus. Für dessen Mutter soll der Angeklagte Rezepte vom Arzt abgeholt haben, damit ihr von der Gebietskrankenkasse weiterhin das Krankengeld ausbezahlt wird. Mit dem Geld wurde unter anderem der Flug des zweiten Angeklagten in die Türkei bezahlt, weil dieser ebenfalls nach Syrien wollte, um dort zu kämpfen. In Istanbul überlegte er es sich aber anders und kam nach Graz zurück.
„Es irritiert sie nicht, dass ein Staat, der schon ihr Leben finanziert, auch noch für eine Organisation zahlt, die Leute abschlachtet?“, merkte der Richter an. Der 23-Jährige war vor der Polizei geständig gewesen, vor Gericht versuchte er aber, immer wieder Rückzieher zu machen. „Ich weiß, warum Sie hier ihr Geständnis zerreden, ich kenne den Druck, der innerhalb Ihrer Gemeinschaft herrscht“, fuhr ihn der Staatsanwalt an und verwies auf einige Zuschauer, die offenbar zu den Angeklagten gehörten.
Nach diesem Zwischenfall sah es der zweite Angeklagte offenbar für klüger an, alles offen einzugestehen. Er war tatsächlich in die Türkei geflogen und wollte von dort weiter nach Syrien. Allerdings wollte er nach eigenen Angaben nicht für den IS kämpfen, sondern für die Al-Nusra-Front, eine IS-nahe Extremistengruppe. Das Geld bekam er von der Mutter seines Freundes. „Das war das Krankengeld?“, hakte der Richter nach. „Ja“, bestätigte der 24-Jährige. Weil er der Frau einmal 500 Euro überwiesen hat, ist er auch wegen Finanzierung einer Terrororganisation angeklagt.
„Es gibt größere Verbrechen im Zusammenhang mit dem IS. Aber Graz hat eine ungeheuere Dichte an radikalen Islamisten, da kann man nicht einfach wegschauen“, betonte der Staatsanwalt.
Ein Urteil wurde für Nachmittag erwartet.