Deregulierung: WKÖ will Lohn- und Sozialdumpinggesetz lockern

Wien (APA) - Die Wirtschaftskammer will bei der Deregulierungsinitiative der Regierung das Lohn- und Sozialdumpinggesetz deutlich lockern. D...

Wien (APA) - Die Wirtschaftskammer will bei der Deregulierungsinitiative der Regierung das Lohn- und Sozialdumpinggesetz deutlich lockern. Die 2011 verschärften Strafen wertet die Kammer teils als „Gold Plating“ und fordert, dass Unternehmen nur mehr dann bestraft werden, wenn sie Mindestlöhne und Überstundensätze unterschreiten. Straffrei soll dagegen bleiben, wer Sonderzahlungen, Zulagen und Zuschläge nicht zahlt.

Wenn also ein Unternehmen in Österreich zwar den Mindestlohn und die Überstunden korrekt zahlt, aber keine Sonntagszuschläge, Nachtzulagen oder das Urlaubs- und Weihnachtsgeld (Sonderzahlungen), soll es künftig keine Verwaltungsstrafe mehr wegen Lohn- und Sozialdumping bekommen, fordert die Wirtschaftskammer und beruft sich dabei auf das Regierungsprogramm. Statt einer Verwaltungsbehörde sollten nur mehr die Arbeiterkammer oder das Arbeitsgericht tätig werden: „Für darüber hinausgehende Ansprüche gibt es andere Instrumente der Durchsetzung (außergerichtliche und gerichtliche Intervention z.B. durch Arbeiterkammer), die in Österreich auch gut funktionieren“, heißt es vonseiten der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Die hohen Verwaltungsstrafen sollten für diese Entgeltbestandteile also entfallen.

Diese Neuregelung würde dann für alle Arbeitsverhältnisse gelten, also sowohl für entsendete Arbeitskräfte aus EU-Ländern als auch für österreichische und ausländische, hier ansässige Arbeitnehmer. Begründet wird dies von der WKÖ damit, dass so „Gold Plating“ abgeschafft würde. Darunter versteht die Kammer, dass Österreich ein höheres Schutzniveau für Arbeitnehmer vorsieht, als in der EU-Entsenderichtlinie explizit vorgeschrieben ist. Derzeit seien österreichische Unternehmen nämlich benachteiligt, weil ausländische Firmen, die Arbeitskräfte nach Österreich entsenden und unterbezahlen, die Strafen meistens ohnehin nicht zahlen würden, argumentiert ein Vertreter der Wirtschaftskammer im Gespräch mit der APA. Mit einer Neuregelung des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes würde man außerdem nur zur früheren Rechtslage zurückgehen, die bis zum Jahr 2011 gegolten habe.

Im Bereich des Arbeitnehmerschutzes will die WKÖ außerdem den „Arbeitsschutzausschuss“ abschaffen, Meldepflichten und Präventionszeiten reduzieren sowie die Begehungsintervalle verlängern. Auch hier sieht sie ihre Forderungen durch das Regierungsprogramm gedeckt. Im Telekommunikationsgesetz will die Kammer die verpflichtend vorgesehene Papierrechnung abschaffen und das Aufstellen von Handymasten erleichtern.

Die Gewerkschaft warnt angesichts der Pläne vor einem Abbau der Arbeitnehmerrechte. „Der angebliche Kampf gegen Über-Bürokratisierung entpuppt sich immer mehr als organisierter Angriff auf die Rechte von ArbeitnehmerInnen“, kritisiert ÖGB-Präsident Erich Foglar in einer Aussendung.

„Die Forderungen von Teilen der Industrie sind politisch kurzsichtig, leiten Wasser auf die Mühlen von Populisten und können die EU-Skepsis verstärken“, kritisiert Foglar. Österreich habe in vielen Bereichen wesentlich fortschrittlichere Gesetze, mit besseren Schutzstandards, als in EU-rechtlichen Mindestbestimmungen vorgeschrieben. Würden Mindeststandards in EU-Richtlinien als „Maximalniveau“ verstanden werden, würde das dem europäischen Ansatz bei der Sozialpolitik widersprechen. „Über ein Soziales Europa brauchen wir dann nicht mehr zu diskutieren, dann geht es nur noch um den Wettlauf um die niedrigsten Sozialstandards“, warnt Foglar.

~ WEB https://news.wko.at/presse ~ APA344 2018-05-16/13:17