EU demonstriert Einigkeit bei US-Handelsstreit und Iran-Atomabkommen
Sofia (APA) - Die Europäische Union hat angesichts der US-Aufkündigung des Iran-Atomdeals Einigkeit demonstriert. Das Abkommen mit Teheran w...
Sofia (APA) - Die Europäische Union hat angesichts der US-Aufkündigung des Iran-Atomdeals Einigkeit demonstriert. Das Abkommen mit Teheran wolle man auf jeden Fall beibehalten, lautete der Tenor unter den EU-Staats-und Regierungschefs am Donnerstag in Sofia. Was die von Washington angedrohten Schutzzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe betrifft, drängt die EU auf eine unbefristete Ausnahmeregelung.
„Wir stehen alle zu diesem Abkommen, das ein gutes ist“, erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte indes, auch wenn das Abkommen „nicht vollkommen“ sei, herrsche Einigkeit unter den EU-Staaten, es beizubehalten. Allerdings müsse auch Teheran daran festhalten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte seinerseits, dass „ein breiteres Abkommen unerlässlich“ sei, auch wenn er den Atomvertrag offenbar nicht aufschnüren, sondern „ergänzen“ will.
Die EU steht derzeit unter starkem Handlungsdruck: Der Iran fordert von der EU - den drei Vertragsstaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien - „binnen Wochen“ die vertragsgerechte Umsetzung des Abkommens, besonders den wirtschaftlichen Teil. Zuletzt war von 60 Tagen die Rede. Das könnte aber angesichts angekündigter US-Sanktionen für europäische Unternehmen aber schwierig sein.
Die 28 Staats- und Regierungschefs hatten bei einem informellen Abendessen am Mittwochabend in der bulgarischen Hauptstadt über Konsequenzen der jüngsten Entscheidungen von US-Präsident Donald Trump beraten. Dabei stand nach Angaben der Teilnehmer auch der Vorschlag der EU-Kommission im Raum, im Notfall ein älteres Gesetz zur Abwehr von US-Sanktionen zu reaktivieren, das sogenannte „Blocking Statute“.
Damit könnte es europäischen Unternehmen unter Strafe verboten werden, sich an die US-Sanktionen gegen den Iran zu halten. Gleichzeitig würde es regeln, dass die europäischen Unternehmen für etwaige Verluste entschädigt werden. Damit würde die Handelskrise zwischen den USA und der EU aber noch verschärft.
Denn der Handelsstreit im Rahmen des Iran-Abkommens ist jedoch nicht der einzige Konflikt mit Washington: Am 1. Juni läuft die von Trump erlassene Ausnahmeregelung aus, die Europa noch vor Schutzzöllen auf Stahl- und Aluminium-Importe schütz. „Wir wollen eine unbefristete Ausnahme“, betonte Merkel am Donnerstag. Auch Kurz erklärte, nur bei einer dauerhaften Ausnahme könne man über eine Vertiefung der Zusammenarbeit und einen Abbau von Zöllen diskutieren.
Der Handelsstreit mit den USA überschattete den Westbalkan-Gipfel. Bei dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs mit ihren Amtskollegen aus Serbien, Montenegro, Mazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo soll die EU-Perspektive dieser Länder bekräftigt werden.
Kurz will auf jeden Fall „Fortschritte“ dieser Länder auf dem Weg in die Europäische Union während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018. Der Westbalkan sei „nicht nur geografisch, sondern auch emotional Teil Europas“, betonte Kurz im Vorfeld des Gipfels. Gleichzeitig warnte er auch davor, dass der „türkische Einfluss immer stärker“ werde, wenn die EU nicht handle.
Ähnlich äußerte sich auch Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) in einem Interview mit der deutschen Tagezeitung „Welt“. Österreich werde „die Vertreter der sechs beitrittswilligen Balkanstaaten Ende August anlässlich des Treffens der EU-Außenminister nach Wien einladen, um in aller Offenheit die Chancen und Probleme einer EU-Erweiterung in Südosteuropa zu beraten.“
Skeptischer beim Thema EU-Erweiterung zeigte sich Frankreichs Staatspräsident. Es sei schon aus geostrategischen Gründen nötig, die Länder der Region zu unterstützen, sagte Macron. „Aber ich bin nicht dafür, bevor wir alle nötigen Sicherheiten haben (...), uns auf eine Erweiterung hinzubewegen.“ Zunächst müsse die Europäische Union reformiert werden und besser funktionieren.
Nach Bulgarien und Österreich will auch Kroatien wieder den Schwerpunkt auf den Westbalkan setzten. Wie der kroatische Ministerpräsident Andrej Plenkovic vor dem Treffen betonte, wird sein Land werde während der Ratspräsidentschaft 2020 ebenfalls wieder einen Gipfel abhalten.
Das Treffen am Donnerstag ist der erste derartige Gipfel seit 15 Jahren. 2003 gaben die EU-Chefs den Balkanstaaten in Thessaloniki eine europäische Perspektive. Spanien ist das einzige EU-Land, das in Sofia nicht mit seinem Staats-oder Regierungschef vertreten ist. Ministerpräsident Mariano Rajoy begründet sein Fernbleiben damit, dass Spanien den Kosovo nicht anerkenne.