„America First“ - Die außenpolitische Agenda von US-Präsident Trump

Washington/Pjöngjang (APA) - Am 16. Juni 2015 hat der Immobilienmogul Donald Trump bekanntgegeben, dass er US-Präsident werden wolle. Bei de...

Washington/Pjöngjang (APA) - Am 16. Juni 2015 hat der Immobilienmogul Donald Trump bekanntgegeben, dass er US-Präsident werden wolle. Bei den Vorwahlen der Republikanischen Partei galt er als krasser Außenseiter. Für viele überraschend gewann er aber und setzte sich danach auch gegen Hillary Clinton durch. Sei dem 20. Jänner 2017 ist er der 45. US-Präsident, vor allem außenpolitisch überraschte er seither immer wieder.

Bei bisherigen Partnern der USA am internationalen Parkett löste Trump daher immer wieder Irritationen aus. EU-Ratspräsident Donald Tusk wurde es dann am Mittwoch vor einem informellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in der bulgarischen Hauptstadt Sofia offenbar zu viel, als er meinte: „Wir sind heute Zeugen eines neuen Phänomens, des kapriziösen Selbstbewusstseins der amerikanischen Regierung. Wenn man sich die jüngsten Entscheidungen von Präsident Trump ansieht, könnte man denken: „Mit solchen Freunden, wer braucht da noch Feinde?“

Dieser Meinung schloss sich auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an, als er die Aussagen von Tusk als „in zugespitzter Form auf den Punkt gebracht“ bezeichnete. Trump verfolge eine „unberechenbare Politik“, konstatierte der Bundeskanzler.

Doch was hat sich geändert in der US-Außenpolitik seit Trump? Er selbst nennt amerikanische Interessen und die nationale Sicherheit als Hauptinteressen seiner Außenpolitik. Zum einen blieb er seinem Wahlkampfmotto „America first“ treu und will vor allem US-Unternehmen unterstützen, mit dem Ziel Arbeitsplätze in den USA zu erhalten bzw. neue zu schaffen. In diesem Zusammenhang sind die Neuverhandlungen des nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA mit Kanada und Mexiko, aber auch der Zollstreit mit der Europäischen Union und anderen Staaten, zu betrachten.

Trump geht es vor allem darum, das riesige US-Handelsdefizit zu verringern. Aber auch der von Trump im Juni 2017 angekündigte Ausstieg aus dem 2015 geschlossenen Klimaschutzabkommen wurde von ihm damit begründet, dass die Vereinbarung der US-Wirtschaft schade. Er selbst sieht sich ja vor allem als „Dealmaker“. Wenn es seinen Wählern als Erfolg verkauft werden kann, sind deshalb auch in der Handelspolitik Kehrtwendungen weiter möglich.

Ein weiteres zentrales Thema seiner Präsidentschaft ist der Kampf gegen illegale Migration. Darunter fällt auch die Ankündigung eine Mauer gegenüber Mexiko zu bauen. Attacken gegen den Freihandel und illegale Migration hatte Trump schon in seinem im Jahr 2000 erschienen Buch „The America we deserve“ (Das Amerika, das wir verdienen) geritten, insofern ist seine diesbezügliche Politik auch nicht überraschend. Wahrscheinlich herrschte aber die Hoffnung in Europa und bei anderen US-Verbündeten vor, dass der US-Regierungsapparat den Präsidenten schon irgendwie bremsen und einhegen werde.

Diese Hoffnung wurde aber definitiv enttäuscht, denn unberechenbar war bisher vor allem Trumps Personalpolitik. Hunderte Spitzenbeamte verließen seit Trumps Amtseinführung das US-Außenministerium, ihre Posten sind zum Teil immer noch nicht besetzt. Doch auch über ein Drittel der von Trump eingesetzten Führungspersonen verließ den Posten schon am Ende seines ersten Amtsjahres. Das waren mehr als bei allen vorigen ersten Präsidenten-Amtsjahren seit 40 Jahren.

So wurde auch der von Trump eingesetzte Außenminister Rex Tillerson nach gut einem Jahr im Amt entlassen. Am Mittwoch nannte Tillerson am Virginia Military Institute in einer seiner ersten öffentlichen Reden seit seiner Entlassung dann zwar nicht den Namen Trumps, warnte allerdings vor „einer wachsenden Krise bezüglich Ethik und Integrität“ im öffentlichen Leben Amerikas, eine unverhohlene Spitze gegen den US-Präsidenten, der die Faktenwahrheit bei seiner Tweets nicht immer ganz genau nahm.

Langwierige Analysen scheinen ohnehin nicht Trumps Ding zu sein, ist immer wieder aus seinem Umfeld zu hören. In der Nahostpolitik traf Trump mit der Aufkündigung des Iran-Atomabkommens und der Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels jedenfalls eine eindeutige Entscheidung. Nachdem der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak und Syrien so gut wie erledigt ist, schlägt sich Trump klar auf die Seite der Sunniten und deren selbst ernannter Schutzmacht Saudi-Arabien im Kampf gegen den schiitischen Iran und die von Teheran unterstützte libanesische Hisbollah.

Das gefällt natürlich auch Israel, denn sowohl der Iran als auch die Hisbollah wollen die Vernichtung Israels. Dass eine Vermittlerrolle der USA im israelisch-palästinensischen Politik somit unmöglich wird, scheint sowohl in Jerusalem oder Riad niemand zu stören, an eine Zwei-Staaten-Lösung glauben in der Region ohnehin nur mehr die wenigsten, Trump offenbar auch nicht. Somit wird es von der EU, aber auch von Russland und China abhängen, ob es gelingen kann, eine direkte Konfrontation zwischen Teheran und Riad zu vermeiden, und die Stellvertreterkriege der beiden Regionalmächte in Syrien und im Jemen einzudämmen und hoffentlich irgendwann zu beenden.

Ein außenpolitischer Erfolg mit dem niemand gerechnet hat, könnte Trump jedoch auf der koreanischen Halbinsel gelingen. Dort reden Nord- und Südkorea mittlerweile wieder miteinander, auch wenn jüngst die Gespräche wegen gemeinsamer Militärübungen Südkoreas mit den USA, unterbrochen wurden. Ob Trumps harte Haltung gegenüber Kim Jong-un diesen zu den Gesprächen zwang oder einfach die wirtschaftliche Not im Land, ist schwer zu sagen. Wenn es aber gelingt, eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel zu ermöglichen, wird sich Trump diesen Erfolg sicherlich auf seine Fahne schreiben. Doch bis dahin ist es ein langer Weg und wie immer bei Trump sind Überraschungen und Wendungen nicht ausgeschlossen, sondern sogar wahrscheinlich.