Fußball-WM: Wie Schwedens Mannschaft in der Krise Halt fand

Moskau (APA/dpa) - Marcus Berg blieb in jener Nacht lange wach. Eigentlich sogar bis zum nächsten Tag in der Früh. Jimmy Durmaz, Martin Olss...

Moskau (APA/dpa) - Marcus Berg blieb in jener Nacht lange wach. Eigentlich sogar bis zum nächsten Tag in der Früh. Jimmy Durmaz, Martin Olsson, Isaac Kiese Thelin und der 31-Jährige saßen im WM-Quartier der Schweden zusammen und redeten. „Wir haben darüber gesprochen, wie wir als nächstes reagieren sollen“, erzählte der Teamstürmer. Es war die Nacht nach dem 1:2 gegen Deutschland.

Durmaz hatte in der Nachspielzeit Timo Werner gefoult und so den Freistoß verursacht, den Toni Kroos zum 2:1 verwandelte. Der als Sohn assyrischer Eltern in Örebro geborene Durmaz wurde in sozialen Netzwerken danach massiv beleidigt und bedroht. Am Tag darauf zeigte die schwedische Mannschaft eine starke Antwort. Vor dem ersten Training versammelte sich das Team vor Medienvertretern geschlossen hinter Durmaz und rief gemeinsam: „Fuck Racism“ („Scheiß Rassismus“).

Die Aktion soll von Nationaltrainer Janne Andersson initiiert worden sein. Für die schwedischen Journalisten vor Ort war die erlebte Solidarität mit ein Grund für die starke Leistung beim anschließenden 3:0 gegen Mexiko und dem damit verbundenen Aufstieg ins Achtelfinale. Dort wartet auf den Gruppensieger am Dienstag (16.00 Uhr MESZ) die Schweiz. Die überdurchschnittliche Geschlossenheit in einer an sich durchschnittlich besetzten Mannschaft soll die Schweden nun ins Viertelfinale tragen.

Die Causa Durmaz rief auch in Schweden ein Echo hervor. Tausende Menschen versammelten sich vergangenen Freitag in Stockholm, um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Durmaz zeigte sich ob des Zuspruchs „überwältigt“. Es gehe allerdings „nicht um mich, hier geht es um Schweden als Gesellschaft und darum, wie wir diese weiterführen“, sagte der beim FC Toulouse unter Vertrag stehende 29-Jährige. „Das ist mir passiert, doch es ist so viel mehr Leuten in Schweden passiert. Dass wir dieses hier zu etwas Positivem gedreht haben und es zum Thema gemacht haben, das ist groß.“

Die Schweden sprachen in ihrer WM-Krise mit einer Stimme. Die Deutschen, deren Vorbereitung vom Wirbel um ein gemeinsames Foto von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan beeinträchtigt wurde, fanden in der ihren keine starken Worte.