EU-Budget - Ungarn: Kommission will Osteuropäer „bestrafen“
Wien/Brüssel (APA) - Die Europäische Kommission will nach Ansicht Ungarns die osteuropäischen Länder aus politischen Gründen „bestrafen“, in...
Wien/Brüssel (APA) - Die Europäische Kommission will nach Ansicht Ungarns die osteuropäischen Länder aus politischen Gründen „bestrafen“, indem sie Kürzungen beim nächsten EU-Finanzrahmen 2021-2027 vorgeschlagen hat, die diese Staaten besonders betreffen. Das behauptete der ungarische Regierungssprecher Zoltan Kovacs am Montag vor Journalisten in Wien.
Er bezog sich dabei offenbar vor allem auf die geplanten Kürzungen bei den EU-Kohäsionsfonds im Anfang Mai präsentierten Budgetvorschlag der Kommission. Kovacs beklagte, die Osteuropäer würden gemäß dem Vorschlag einen „Verlust von 25 Prozent erleiden“, während etwa „die Niederlande sogar mehr herausbekommen als zuvor“. Allerdings muss das Budget noch unter den europäischen Ländern ausverhandelt werden.
Der Vorschlag ist aus verschiedenen Gründen hoch umstritten. Hintergrund ist der bevorstehende EU-Austritt des Nettozahlers Großbritannien. Nettozahlerländer wie Österreich oder die Niederlande kämpfen etwa gegen die vorgeschlagene Erhöhung ihrer Zahlungsverpflichtungen von 1 auf 1,11 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Der Regierungssprecher führte die angebliche Bestrafungsabsicht der Kommission darauf zurück, dass Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei seinem Amtsantritt eine „politische Kommission“ angekündigt habe. „Wir sehen politische Gründe hinter seiner Behandlung der mittel- und osteuropäischen Länder.“ Der konservative, frühere luxemburgische Premier Juncker verbirgt seine Unzufriedenheit mit dem Kurs von Ungarns rechtsnationalem Regierungschef Viktor Orban nicht und hat ihn auch schon einmal scherzend als „Diktator“ bezeichnet.
In Bezug auf das EU-weit viel diskutierte Migrationsthema erinnerte Kovacs daran, dass Ungarn in den vergangenen drei Jahren eine Milliarde Euro für den Grenzschutz - insbesondere für den Bau von Grenzzäunen entlang der Grenzen zu Serbien und dem EU-Land Kroatien - ausgegeben habe. Budapest erwarte sich, dass die EU rund die Hälfte davon begleicht, „bisher haben wir aber keinen Cent bekommen“. Die EU-Kommission habe lediglich rund 40 Millionen Euro angeboten.
Bezüglich der Verwirrung am vergangenen Wochenende um die Behauptung der deutschen Regierung, man habe mit Ungarn, Polen, Tschechien und anderen Ländern Vereinbarungen über Rücküberstellungen von Asylwerbern getroffen, wiederholte Kovacs das Dementi der ungarischen Regierung: „Wir nehmen niemanden unter den Dublin-Kriterien zurück.“ Er betonte: Angesichts der ungarischen Grenzschutzregimes „ist es physisch unmöglich, dass wir das Ersteintrittsland (in die Europäische Union) sind“. Zudem seien auch Ungarns Nicht-EU-Nachbarländer wie Serbien „sichere Staaten“ für Schutzsuchende: „Hier gibt es keinen Platz für Asyltourismus.“
Zum Konflikt um die Central European University (CEU) in Budapest warf Kovacs der Führung der Universität politische Motive vor: Rektor Michael Ignatieff spiele „ein politisches Spiel“. Im Vorjahr hatte Ungarn Neuerungen im Hochschulgesetz verabschiedet, die offenbar dezidiert gegen das Modell der CEU gerichtet waren, die vom liberalen ungarischstämmigen US-Financier George Soros gegründet worden war. Die ungarische Regierung führte eine Kampagne gegen Soros. Die in den USA ansässige CEU ist in Ungarn und in den USA als Hochschule akkreditiert, hatte in den Vereinigten Staaten jedoch bis vor kurzem noch keinen Campus. Dies wurde der Institution vom neuen Hochschulgesetz vorgeschrieben, sonst drohte die Schließung.
Kovacs - selbst ein Absolvent der CEU - unterschied in seinen Ausführungen zwischen der „ungarischen Version“ der Universität, der Budapester „Közep-europai Egyetem“, und der amerikanischen „Central European University“. In der Auseinandersetzung gehe es nur um letztere, während erstere „voll in das ungarische Hochschulsystem integriert“ und „quicklebendig“ sei. „Herr Ignatieff weiß auch, dass Közep-europai Egyetem sicher ist.“
Der Sprecher ließ am Montag offen, ob die Bemühungen der Universität, durch eine Kooperation mit einem US-College eine Anerkennung zu erreichen, von Ungarn für ausreichend angesehen werden. „Das muss noch eine Untersuchung zeigen.“ Die Hochschule hatte im vergangenen März angekündigt, in Wien einen weiteren Campus eröffnen zu wollen, gleichzeitig aber mehrfach ihre Absicht kundgetan, weiterhin in Budapest zu bleiben.