Hochkonjunktur ließ Arbeitslosenzahlen im Juni erneut sinken

Wien (APA) - Der Wirtschaftsaufschwung hat erneut die Arbeitslosenzahlen sinken lassen: Im Vergleich zum Vorjahresmonat waren Ende Juni knap...

Wien (APA) - Der Wirtschaftsaufschwung hat erneut die Arbeitslosenzahlen sinken lassen: Im Vergleich zum Vorjahresmonat waren Ende Juni knapp 34.000 Personen weniger ohne Job. Arbeitslose und Schulungsteilnehmer zusammengerechnet waren 341.024 Personen ohne Beschäftigung. Im EU-Vergleich hat Österreich die achtniedrigste Arbeitslosenrate. Die nationale Arbeitslosenquote sank um 0,8 Punkte auf 6,8 Prozent.

„Das ist alles erfreulich, aber wir dürfen nicht vergessen, die Arbeitslosigkeit ist fünf Jahre gestiegen“, sagte S-Vorstand Johannes Kopf in der „Mittags-ZIB“ des ORF. Die Zahl der Arbeitslosen ist für Kopf „noch immer sehr viel“. Den Arbeitslosenrückgang im Juni mit minus neun Prozent könne man „durchaus als akrobatisch beeindruckende Einlage bezeichnen“, so der AMS-Chef zuvor in einer schriftlichen Stellungnahme in Bezug auf ein Statement des IHS-Chefs Martin Kocher. Der IHS-Chef hatte vergangene Woche erklärt, dass derzeit konjunkturell noch „ein letzter Rock‘n‘Roll“ getanzt wird.

Die positive wirtschaftliche Lage in Verbindung mit der demografischen Entwicklung habe zu einem Lehrstellenüberhang geführt, erklärte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) am Montag in einer Aussendung. Diese Zahlen würden die Teilnehmer der überbetrieblichen Lehrausbildung aber nicht beinhalten. Im Juni gab es 4.811 sofort verfügbare Lehrstellen in Österreich und 4.785 Lehrstellensuchende.

Eine Rückgang der Arbeitslosenzahlen wurde in allen Bereichen verzeichnet: Die Anzahl der Inländer ohne Job sank im Vergleich zum Juni 2017 um 11,5 Prozent auf 228.530 und bei den ausländischen Arbeitskräften gab es ein Minus um 3,6 Prozent auf 112.494. Bei Jugendlichen unter 25 Jahren (-8,5 Prozent), Personen zwischen 25 und 49 Jahren (-10,4 Prozent) und bei den über 50-Jährigen (-6,6 Prozent) wurde ebenfalls einen deutlichen Rückgang verzeichnet.

Die Arbeitslosenzahlen in Österreich sinken seit März 2017 kontinuierlich. Zwischen Mitte 2011 und Ende 2016 stiegen sie stetig an und erreichten in diesem Zeitraum ein Rekordhoch seit 1946.

Die Arbeitslosenzahlen sanken im Juni auch leicht bei Flüchtlingen mit Arbeitserlaubnis. Per Ende Juni waren 25.919 anerkannte Flüchtlinge und 5.376 subsidiär Schutzberechtigte, insgesamt also 31.295 Personen, beim AMS als arbeitslos gemeldet. Gegenüber Mai 2018 ist dies ein Rückgang von 2,1 Prozent, gegenüber Juni 2017 ein Plus von 10,1 Prozent, teile das AMS auf APA-Anfrage mit.

Die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer zusammengerechnet sank in allen Bundesländern: Den stärksten Rückgang gab es in Tirol (-18,2 Prozent), der Steiermark (-13,7 Prozent), in Oberösterreich (-12 Prozent), im Burgenland (-10,6 Prozent), in Kärnten (-10,2 Prozent), Niederösterreich (-9,8 Prozent), Wien (-5,8 Prozent), Salzburg (-5,4 Prozent) und Vorarlberg (-4,6 Prozent).

Die Arbeitskräfte am Bau und in der Industrie profitieren aktuell am stärksten vom Wirtschaftsaufschwung. Am Bau gab es ein Arbeitslosenminus von 16,7 Prozent, gefolgt von der Warenproduktion (-13,9 Prozent), Gesundheits- und Sozialwesen (-13,5 Prozent), Beherbergung und Gastronomie (-12 Prozent), Handel (-11,1 Prozent), Verkehr und Lagerei (-9,7 Prozent) und Arbeitskräfteüberlassung (-8,7 Prozent).

NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker forderte in einer Aussendung „Maßnahmen, die es Leuten langfristig erleichtern, selbst einer Erwerbstätigkeit nachzugehen“. Die Arbeiterkammer erinnerte daran, dass zehn Jahre nach Beginn der Wirtschaftskrise mit 275.000 Arbeitslosen noch 100.000 Personen mehr ohne Arbeit seien als im Juni 2008 mit 173.000 Arbeitslosen. Die Gewerkschaft rechnet mit negativen Auswirkungen der geplanten Ausdehnung der Arbeitszeit auf den Arbeitsmarkt. „Es verleitet die Unternehmen, die vorhandene Arbeit von immer weniger Menschen erledigen zu lassen, statt sie auf mehr Menschen zu verteilen“, so der leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz. Für die Wirtschaftskammer gibt es hingegen strukturelle Probleme am heimischen Arbeitsmarkt. Zu einer notwendigen Fachkräfteoffensive würden neben einer Senkung der Lohnnebenkosten und Flexibilisierung der Arbeitszeit auch Rahmenbedingungen für eine höhere Mobilität am österreichischen Arbeitsmarkt gehören, so WKÖ-Arbeitsmarktexperte Martin Gleitsmann.

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