Kneissl: Mit EU-Gipfelbeschlüsse zu Migration „Zeit gewonnen“
Wien (APA) - Für Außenminister Karin Kneissl (FPÖ) hat Europa durch die jüngsten Gipfelbeschlüsse der EU-Staats- und Regierungschefs zur Mig...
Wien (APA) - Für Außenminister Karin Kneissl (FPÖ) hat Europa durch die jüngsten Gipfelbeschlüsse der EU-Staats- und Regierungschefs zur Migration „Zeit gewonnen“. Das Schlüsselwort sei dabei die „Freiwilligkeit“ gewesen, sagte Kneissl am Montag bei der Diskussion „Europa im Dialog“ in Wien. Die „Freiwilligkeit“ betreffe „alles Mögliche“ - wie etwa die Bereiche Rückübernahme, Rückkehr oder Abschiebung.
Angesprochen auf die Vorstellung der Regierung, dass in den von der EU geplanten Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Nordafrika keine Asylanträge gestellt werden sollen, bekräftigte sie: „Die Sorge, die damit mitschwinge“ sei, dass solche Zentren damit eine „neue Sogwirkung“ für Migranten hätten. Gleichzeitig verwies sie darauf, dass die EU sich um eine verbesserte Handelspolitik mit afrikanischen Staaten bemühen müsste.
Die starke Migrationsbewegung von 2015 sei auf jeden Fall „kein Strohfeuer“ gewesen, warnte Kneissl. Unter Verweis auf einen UNO-Bericht (Arab Human Development Report) von 2016 legte sie dar, dass „60 Millionen Menschen mit Ausbildung“ auf den Arbeitsmarkt drängen. „Kriege können sie beenden, Wirtschaftssysteme können sie umstellen“, erklärte die Außenministerin, und fügte hinzu: „Aber die demografische Situation können sie nicht verändern.“
Dass die Beschlussfassung innerhalb der EU so lange dauert, liege daran, dass alle „28 Staatswillensbildungen auf einen Nenner“ gebracht werden müssen, sagte die langjährige Diplomatin. Im Herbst 2015 - dem Höhepunkt der Fluchtbewegung - seien „wir hier plötzlich“ die Betroffenen gewesen - und nicht etwa Dublin oder Tallinn. Durch das fehlende Bewusstsein sei die „Bereitschaft der Willensbildung“ vielerorts nicht gegeben gewesen, erklärte Kneissl weiter.
Das Problem bei der Beschlussfassung sieht sie allerdings nicht in der Debatte um die Einstimmigkeit unter den EU-Staaten, sondern viel mehr am Interesse. Es würden kaum mehr Minister zu den EU-Räten kommen, erinnert sich Kneissl an Treffen mit ihren Amtskollegen. Viele europäische Regierungen würden ihre Angelegenheiten bilateral regeln. Da, so die Außenministerin weiter, stelle sich die Frage, ob all diese Staaten auch interessiert seien im „Verbund zu handeln“.
Von einer „Zerrissenheit der EU“ möchte Kneissl aber nicht sprechen. Die „Untergangsstimmung“ helfe niemanden. Ihrer Erinnerung nach war die „Zerrissenheit Europas“ 2003 zur Zeit des Irakkriegs „genauso große, wenn nicht größer“.
Österreich hat am Sonntag (1. Juli) für sechs Monate den EU-Ratsvorsitz übernommen. Zu ihren Prioritäten gehört die „EU-Annäherung Südosteuropas“ - Serbien, Montenegro, Mazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo. Dabei gehe es nicht um den EU-Beitritt der sechs Länder, betonte Kneissl weiter, es „geht vor allem darum diese EU-Perspektive aufrecht zu erhalten“.