Terrorvorwürfe: Diplomatischer Eklat vor Rouhani-Besuch in Wien

Wien/Teheran (APA) - Am Tag vor dem Besuch des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani in Wien ist es zu einem diplomatischen Eklat gekommen. ...

Wien/Teheran (APA) - Am Tag vor dem Besuch des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani in Wien ist es zu einem diplomatischen Eklat gekommen. Österreich erkennt einem iranischen Botschaftsmitarbeiter in Wien den Diplomatenstatus ab, weil er in Anschlagspläne gegen eine Versammlung von Exil-Iranern in Paris verwickelt sein soll. Irans Außenminister Mohammad Javad Zarif wies die Vorwürfe empört zurück.

Wie das Außenamt am Dienstag der APA mitteilte, liegt ein europäischer Haftbefehl gegen den Diplomaten vor. Der iranische Botschafter sei „umgehend“ ins Außenministerium zitiert worden, sagte Ministeriumssprecher Thomas Schnöll. „Wir haben den Entsendestaat ersucht, die Immunität des iranischen Diplomaten aufzuheben.“

Dem betroffenen Diplomaten werde „binnen 48 Stunden aufgrund des Vorliegens eines Haftbefehls der Diplomatenstatus aberkannt“, sagte Schnöll. Wegen der Terrorpläne waren in Belgien zwei Verdächtige festgenommen worden, teilte die Staatsanwaltschaft in Brüssel mit. Zudem wurden in Frankreich ein möglicher Komplize festgesetzt und in Deutschland ein iranischer Diplomat.

Der iranische Außenminister wies die Terrorvorwürfe als politisches Komplott zurück. „Wie praktisch: Gerade, als wir für einen Präsidentenbesuch nach Europa ins Flugzeug steigen, werden „Verschwörer“ einer angeblichen iranischen Operation festgenommen“, schrieb er auf Twitter. „Der Iran verurteilt unzweideutig sämtliche Gewalt und Terror überall und ist bereit, mit allen Betroffenen zusammenzuarbeiten, um diese unheimliche, unter falscher Flagge durchgeführte Machenschaft aufzudecken.“

Der vermeintliche Anschlag soll sich gegen eine Versammlung von 25.000 Menschen am Samstag in Paris gerichtet haben, heißt es seitens des regimekritischen „Nationalen Widerstandsrates des Iran“ (NRWI). Der seit 2014 in Wien stationierte iranische Diplomat soll der „Kopf“ des Anschlags gewesen sein. Dies geht nämlich aus den Angaben jenes Ehepaares hervor, das von den belgischen Behörden mit einem halben Kilo Sprengstoff verhaftet wurde.

Demnach hat der Diplomat ihnen den Sprengsatz in Luxemburg mit dem Auftrag übergeben, ihn auf dem Pariser Treffen explodieren zu lassen. Der iranische Diplomat wurde auf der deutschen Autobahn-Raststätte Spessart-Süd identifiziert und festgenommen. Sprengstoff hatten deutsche Ermittler bei der Überprüfung seines Autos am Sonntagabend - entgegen eines ersten Verdachts - nicht gefunden.

Der oppositionelle „Nationale Widerstandsrat des Iran“ (NRWI) forderte wegen der Vorwürfe gegen den in Wien stationierten iranischen Diplomaten, den Rouhani-Besuch abzusagen. „In so einer Situation wird der für den 4. Juli geplanten Empfang von Rohani in Österreich ein Schandfleck für Demokratie und Menschenrechte sein und Terrorismus und Verbrechen stärken. Dieser Empfang ist ein eklatanter Verstoß gegen Werte, auf die sich die Europäische Union stützt“, hieß es in einer Aussendung.

Rouhani wird am morgigen Mittwoch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit militärischen Ehren am Inneren Burghof empfangen. Er sollte danach auch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zusammentreffen und am Nachmittag einen Vortrag in der Wirtschaftskammer (WKÖ) halten. Im Bundeskanzleramt war die Unterzeichnung mehrerer Memoranden (MoU) geplant, darunter zur Zusammenarbeit im Transportwesen und im Wassermanagement.

Zarif wollte am Nachmittag seine Amtskollegin Karin Kneissl (FPÖ) in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) treffen und dort eine Ausstellung zu 160 Jahren diplomatische Beziehungen eröffnen. Auch dort war die Unterzeichnung eines MoU geplant, das eine vertiefte Forschung zur gemeinsamen Geschichte der beiden Länder ermöglichen soll.

Rouhani kommt aus der Schweiz nach Österreich. Es handelt sich um seine erste Europareise, seit die USA im Mai aus dem Atomdeal mit dem Iran ausgestiegen sind. Van der Bellen und Kurz wollen mit dem Empfang ihre Unterstützung für den Atomdeal bekräftigen, für dessen Rettung einem iranischen Agenturbericht zufolge am Freitag ein Außenministertreffen in Wien stattfinden wird. Zarif soll dabei seine Kollegen aus Russland, China, Deutschland, Großbritannien und Frankreich treffen.

Israel sieht den Empfang für Rouhani kritisch. Israel habe „Besorgnis über den Besuch ausgedrückt“, berichtete die „Jerusalem Post“ am Wochenende unter Berufung auf nicht näher genannte diplomatische Kreise. Der Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Ephraim Zuroff, äußerte sich scharf: „Hätten sie auch Hitler eingeladen, wenn sie gewusst hätten, was er tun wird“, sagte der israelische Nazi-Jäger. Das irankritische Bündnis „Stop the Bomb“ hat für Mittwoch gleich zwei Protestdemos gegen Rouhani angekündigt, in der Wiener Innenstadt sowie vor der WKÖ-Zentrale in Wien-Margareten.

Der Empfang für Rouhani ist vor allem für Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine heikle Sache, hatte er doch Anfang Juni bei seinem Israel-Besuch betont, dass die Sicherheit des Landes zur „Staatsräson“ Österreichs zähle. Entsprechend betonte er im Vorfeld des Besuchs, dass er „die Sorgen und das Sicherheitsbedürfnis Israels sehr ernst“ nehme. „Ich werde die Rolle des Irans in der Region daher auch klar ansprechen.“

(Grafik Nr. 0715-18, Format 88 x 132 mm)