Umkleiden von Ärzten und Pflegern zählt zur Arbeitszeit

Wien (APA) - Gelassen reagiert das Gesundheitsministerium auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH), wonach das An- und Ausziehen der ...

Wien (APA) - Gelassen reagiert das Gesundheitsministerium auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH), wonach das An- und Ausziehen der Dienstkleidung von Ärzte und Pfleger in Spitälern als Arbeitszeit zählt. Während Betriebsräte von Mehrkosten in Millionenhöhe ausgehen glaubt das Ministerium hingegen nicht an massive Überschreitungen der Arbeitszeit.

Der OGH hat entschieden, dass „Umkleidezeiten und die damit verbundenen innerbetrieblichen Wegzeiten im vorliegenden Fall primär im Interesse des Dienstgebers gelegene arbeitsleistungsspezifische Tätigkeiten“ sind. Sie würden demnach ein solches Maß an Fremdbestimmung aufweisen, dass es gerechtfertigt sei, „sie als Arbeitszeit (...) anzusehen“, heißt es im Urteil des Höchstgerichts, über das mehrere Medien in den vergangen Tagen berichtet haben. Konkret heißt das, die Zeit, die Ärzte und Pflegekräfte zum Umziehen und für den Weg zu den Garderoben benötigen, ist als Arbeitszeit abzugelten.

Begründet werde diese Entscheidung damit, dass das Wechseln der Dienst- und Schutzkleidung außerhalb des Krankenhausareals nicht getragen und aus hygienischen und rechtlichen Gründen (Vermeidung von Erregerverschleppung) nicht mit nach Hause genommen werden dürfe, erläuterte das Sozial- und Gesundheitsministerium auf Anfrage der APA in einer Stellungnahme. Im konkreten Fall sei entscheidend, dass der Arbeitgeber vorgebe, wann und wo die Kleidung zu wechseln sei. Ansonsten sei hingegen im Allgemeinen das Umkleiden nicht als Arbeitszeit zu werten.

Aber auch für die Spitäler erwartet das Gesundheitsministerium keine gravierenden Folgen. Das Ressort von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) geht davon aus, dass es sich bei der Berücksichtigung der Umkleidung in Spitälern „jeweils um relativ kurze Zeiträume handeln wird, sodass allein daraus massive Überschreitungen der Arbeitszeit kaum resultieren werden“. Wie hoch der Aufwand zu beziffern sei, könnten aber nur die Krankenanstaltenbetreiber beurteilen.

Auch die Ärztekammer will die Auswirkungen nicht dramatisieren. Der Vizepräsident und Obmann der niedergelassenen Ärzte, Harald Mayer, erklärte gegenüber der APA, dass die Abgeltung von Träger zu Träger und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sei.

Für die Tiroler Kliniken hat Zentralbetriebsratsobmann Gerhard Hödl einen zeitlichen Mehraufwand von täglich 20 Minuten im Durchschnitt errechnet. „Das bedeutet Zeitgutschriften von ungefähr neun zusätzlichen Urlaubstagen“, sagte Hödl der „Tiroler Tageszeitung“. Als Folge rechnet er, dass 200 bis 300 zusätzliche Mitarbeiter benötigt werden, was allein den Tirol Kliniken 15 bis 20 Millionen Euro im Jahr kosten würde.

Tirols Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) erklärte in einer Pressekonferenz, das Management der Tirol Kliniken sei gerade dabei, die Details zu klären, wie viele Minuten das Umziehen tatsächlich in Anspruch nimmt und welche Auswirkungen es auf die Finanzen hat. Diese Details sollen in den kommenden zwei Monaten erarbeitet werden. Etwaige Maßnahmen müssten zudem mit allen Spitalsträgern abgestimmt werden.

In Salzburg fordert der Betriebsrat der Landeskliniken einen einwöchigen Sonderurlaub als Ausgleich. In Vorarlberg verlangt der Betriebsrat der Landeskrankenhäuser eine Stechuhr bei den Garderoben und sagte schon vorige Woche im „Kurier“: „Das wird sicher Millionen kosten“. Im Wiener Krankenanstaltenverbund will man sich die Sache erst einmal ansehen. Keinen Handlungsbedarf sieht man in der Steiermark und in Kärnten.