Straßentheaterfestival La Strada Graz: Fußball und blecherne Spechte
Graz (APA) - Das Straßentheaterfestival La Strada geht von 27. Juli bis 4. August in die Straßen von Graz, in Innenhöfe, auf Fußballplätze u...
Graz (APA) - Das Straßentheaterfestival La Strada geht von 27. Juli bis 4. August in die Straßen von Graz, in Innenhöfe, auf Fußballplätze und in Siedlungen. Im Jahr der Fußball-WM spielen auch drei Kick-Inszenierungen eine Rolle, dazu mechanische Spechte, die auf Elektromagnetismus reagieren sowie rasante und musikalische Bespielungen von Bauten mit Freerunnern und dem „blinden“ Philharmischem Orchester.
Festivalleiter Werner Schrempf sagte bei der 21. Programmpräsentation am Dienstag, dass ein gutes Dutzend der heuer 27 Produktionen neu seien - einige davon ausgesprochen Graz-spezifisch, und sechs österreichische Entwicklungen. Der Vertreter des langjährigen Hauptsponsors Steiermärkische Sparkasse, Vorstandsvorsitzender Gerhard Fabisch, launig: „Da haben wir zu Beginn noch nicht gewusst, was auf uns zukommt.“
Eines der auf die Grazer zukommenden Projekte ist „Foreign Tongues“ von Liquid Loft: Das international agierende Kollektiv aus Wien wird das gesprochene Wort in den Burghöfen in Bewegungssprache übersetzen, aber nicht in Gestik, sondern in die dritte Ebene, mit choreografischen Mitteln. Die Stimmen dazu stammen aus verschiedenen Regionen in Europa, von 100 Personen in 30 Sprachen und Dialekten: Dialekt und Slang seien laut Liquid Loft „näher am Körper, damit identifiziert man sich“. Die Performer können über MP3-Player die unterschiedlichen Sprachen immer wieder ansteuern, sie reagieren auf Rhythmus, Dynamik, Klangfarbe der Worte. Unter den Sprachen ist auch der Dialekt von Prekmurje, dem Übermurgebiet, gleich jenseits der steirischen Grenze.
„The Woodpecker“ von Marco Barotti setzt kleine mechanische Spechte auf Straßenschilder und Laternenmasten. Sie reagieren laut Schrempf auf ihre Umwelt und wandeln elektromagnetische Strahlungen in der Stadt in Klopfgeräusche um. Dies soll den Rhythmus der Stadt hörbar machen. Ein Ort wird die Tennenmälzerei in Reininghaus sein. „Es geht darum, den Ort auszuloten, die Spechte werden das für uns übernehmen“, sagte Schrempf.
Die Freerunner der französischen La Fabrique Royale gastieren mit „Zero Degre“ im Grazer Messequartier und überwinden scheinbare urbane Hindernisse mit schlafwandlerisch sicherer Körperbeherrschung. „Architekt Markus Pernthaler hat mich in die Siedlung geführt, wir haben das 2017 erkundet. Die Freerunner benützen die Stadt in einer anderen Form“, sagte Schrempf.
Ein weiteres Projekt in einer Wohnsiedlung realisieren axe Graz mit „Seppi: Das Kind, das nicht aufhörte zu wachsen“. Es ist eine Straßenoper mit dem Ensemble von axe und jungen Flüchtlingen, das Libretto stammt von Fiston Mwanza Mujila, dem ehemaligen Grazer Stadtschreiber aus dem Kongo, der nie seine Bindung an die Stadt verloren hat. Komponiert von Patrick Dunst, wird „Seppi“ mit zwei Opernstimmen aufgeführt. „Wir haben Elitäres aus der Oper in den Innenhof gesetzt, in der Theodor Körner Straße, die Leute dort mobilisiert, die nun chorisch als Darsteller ein Projekt mit entwickelt haben“, so Dunst. Schrempf: „Ideal. Die Künstler haben den Kontakt zu den Bewohnern hergestellt“.
Das „Grand Ensemble“ von Pierre Sauvageot und Lieux Publics & Cie sowie das Philharmonische Orchester Graz spielen in der Wohnanlage Hirtenkloster mit dem Doppelsinn der Worte: Der Projekttitel bedeutet sowohl großes Orchester als auch große Wohnsiedlung. „Kurt Mörth, Soloklarinettist des Orchesters: „Gute Musiker verstehen sich blind, sagt man, das werden wir da auch gut brauchen können. Wir sind über 40 Musiker, verteilt auf mehrere Stockwerke, wir hören nur das Klick des Metronoms über Kopfhörer, wir hören nicht, was die Kollegen machen und sollen trotzdem zusammenspielen. Und die Zuschauer sind im Innenhof auf Liegestühlen dabei. Eine Herausforderung. Schauen wir, ob sie uns nächstes Jahr wieder brauchen“, sagte Mörth zu den von Fenster zu Stiegenhäusern zu Wohnungen reisenden Melodien und Rhythmen.
Drei Fußball-Projekte, allerdings schon nach der WM werden u.a. mit „Fooootballll“ von Veronika Tzekova geboten. An einer legendären Grazer Sportstätte, in der „Gruabn“ des SK Sturm spielen vier Teams, auf vier Tore und zwei Spielachsen. Die Teams bestehen aus Grazer Politikern, Kunstschaffenden, Migranten und Medienvertretern, dazu zwei Kommentatoren und eine Band, die spielt. Die Compagnia Vero Cendoya inszeniert „La Partida“, am Concordia-Sportplatz in der Ragnitz - mit Band, fünf Tänzern, fünf Fußballspielern, einem Schiedsrichter und ganz eigenen Regeln und unerwarteten Choreografien. Unter dem Dach des Orpheum spielt Improbable „The Paper Man“, „der Papierene“ über den Kapitän des legendären Wunderteams, Matthias Sindelar, der beim „Anschlussspiel“ 1938 für die angeschlossene „Ostmark“ gegen die Reichsdeutschen zwei Tore entgegen der Vereinbarung geschossen hatte und der zehn Monate später tot aufgefunden wurde.
Das steirische Performance-Tausendsassa-Duo Steinbauer & Dobrowsky lässt das Publikum probeweise von seiner nächstjährigen Uraufführung 2019 kosten: Mit Eddie Luis and his Jazz Passengers in „Storyville - The Big Easy in Graz“ gibt es am 2. August einen öffentlichen Probenparcours, mit einer Marching Band a la New Orleans in der Griesgasse, die dann auch in die dortigen Innenhöfe geht.
Neben den Veranstaltungen in Graz wird es auch noch Auftritte in Stainz, Weiz und Leibnitz geben. Am Festival nehmen 274 Künstler in 29 Künstlergruppen aus zwölf Nationen teil.
(S E R V I C E - Nähere Info unter http://www.lastrada.at/programm-2018/ abrufbar)