Coltrane bestätigt Klasse auf „verschollenem“ Album - Jazznews
Wien (APA) - Der Zug schien abgefahren. Als Saxofonist John Coltrane 1967 starb, hinterließ er ein musikalisches Erbe, das eingefleischte Fa...
Wien (APA) - Der Zug schien abgefahren. Als Saxofonist John Coltrane 1967 starb, hinterließ er ein musikalisches Erbe, das eingefleischte Fans bis zur letzten Note kennen zu glaubten. Seine 50 Jahre lang „verschollenen“ Aufnahmen auf dem nun veröffentlichten Album „Both Directions at Once: The Lost Album“ (Universal) bieten Futter für jene, die Coltrane und sein Quartett noch einmal in Höchstform hören wollen.
Wirklich Revolutionäres darf man sich nicht erwarten - aber auch nicht minder Geniales. Das ja eigentlich nicht ganz „verlorene“ Album wurde 1963 mit seinem Quartett (Elvin Jones am Schlagzeug, Jimmy Garrison am Bass und McCoy Tyner am Klavier) im Privatstudio von Rudy Van Gelder in New Jersey aufgenommen. Im gleichen Studio entstand ein Jahr später das bahnbrechende „A Love Supreme“.
Genau in dieser Ära holt einem „Both Directions at Once“ auch ab. Sieben Stücke wurden unter der Aufsicht von Coltranes Sohn Ravi Coltrane zusammengestellt, darunter eine weitere Version von „Impressions“, einem Signature-Track des Tenorsaxofonisten, „Nature Boy“ und „One Up, One Down“. Zwei bisher unbekannte Coltrane-Kompositionen wurden nachträglich weniger lyrisch mit „Untitled Original 11383“ und „Untitled Original 11386“ betitelt.
Dass Coltranes „Slow Blues“ schon früh modale, sphärische Dimensionen entwickelt ist dabei genauso wenig überraschend wie McCoy Tyners Klangkaskaden am Klavier und die treibenden Becken von Drummer Elvin Jones. Insgesamt ist „Both Directions at Once: The Lost Album“ ein Puzzle-Teil in Coltranes Diskografie, das ein bereits bekanntes Gemälde um ein Stück weiter vervollständigt - mit bekannt schillernden Farben und expressiven Formen.
Einer von Coltranes bekannteren Erben ist Saxofonist Charles Lloyd, der eben erst 80 geworden ist. Er beschreitet auf seinem neuen Album Wege abseits des puristischen Jazz. Für den Genre-Seitenspruung hat er sich Americana- und Folk-Sängerin Lucinda Williams ins Studio geholt hat. Das neue Album „Vanished Gardens“ (Blue Note) verbindet - mal mit Gesang, mal ohne - Stile, die eigentlich nie ganz voneinander getrennt waren. Etwa bei Songs von Thelonious Monk oder Jimi Hendrix.
Und noch ein Grenzgänger: Stark auf der folkigen Seite ist Sänger und Songwriter Nathaniel Rateliff bisher in Erscheinung getreten. Auf seinem aktuellen Album „Tearing at the Seams“ (Universal) hat er sein ohnehin schon weites Spektrum gesprengt und überzeugt mit seiner Combo The Night Sweats mit bläserlastigem Memphis-Soul. In Österreich ist Rateliff am 17. Juli zu hören. Das Konzert im Wiener WUK beginnt um 20 Uhr.