Mehrfach-Kombinationstherapie bei Lungenkrebs erfolgreich 1
Wien (APA) - Jährlich 1,8 Millionen Lungenkrebs-Neudiagnosen und 1,6 Millionen Todesopfer belegen den enormen Bedarf an neuen und wirksamen ...
Wien (APA) - Jährlich 1,8 Millionen Lungenkrebs-Neudiagnosen und 1,6 Millionen Todesopfer belegen den enormen Bedarf an neuen und wirksamen Therapien beim Lungenkarzinom. Einen deutlichen Fortschritt könnte eine Mehrfachbehandlung mit Immuntherapie, Zytostatika und einem Medikament zur Blockierung des Tumor-Gefäßwachstums darstellen, sagten jetzt Wiener Experten gegenüber der APA.
Wolfgang Hilbe, Chef der onkologischen Abteilung am Wiener Wilhelminenspital, und Maximilian Hochmair, Lungenkarzinomspezialist am Otto-Wagner-Spital, präsentierten Daten, welche vor kurzem beim Jahreskongress des Amerikanischen Onkologenverbandes (ASCO) in Chicago vorgestellt worden sind. Dabei geht es um die Anwendung der modernen Immuntherapie (Checkpoint-Inhibierung), welche die Immunzellen von Krebspatienten wieder gegen den Tumor „scharf“ machen soll (T-Zell-Reaktivierung).
Hilbe sagte: „In der medikamentösen Behandlung des Lungenkarzinoms ist diese Immuntherapie in den vergangenen Jahren bereits bei jenen Patienten etabliert worden, bei denen die erstgewählte Therapie nicht mehr greift (Zweitlinien-Therapie; Anm.). Jetzt versucht man die Immuntherapie auch als Erstbehandlung zu verwenden. Und dabei geben die Daten aus wissenschaftlichen Studien der Hypothese recht, dass Synergismus von Immuntherapie mit Chemotherapie und anderen Behandlungsformen bessere Resultate bringt.“
Beim ASCO-Kongress Anfang Juni schlagend wurde das mit der sogenannten IMPower150 Studie, die bei dem onkologischen Mammutkongress vorgestellt und zeitgleich im New England Journal of Medicine publiziert worden ist. 1.202 Patienten mit nicht-kleinzelligem Adenokarzinom der Lunge im Stadium IV oder Rückfällen mit Metastasen wurden in die Studie aufgenommen. „Diese Gruppe von Patienten macht in etwa 50 Prozent der Lungenkrebskranken aus, die wir täglich sehen“, sagte Hochmair.
In der wissenschaftlichen Untersuchung, welche vom Schweizer Pharmakonzern Roche gesponsert wurde, wurden drei Gruppen zu je 400 Patienten (eine mit 402) gebildet. Die Kranken in der ersten Gruppe erhielten das Immuntherapeutikum Atezolizumab plus die Chemotherapeutika Carboplatin und Paclitaxel. Im der zweiten Gruppe kam zu dieser Therapie auch noch Bevacizumab hinzu. Dieses Medikament hemmt die Bildung von Blutgefäßen (Anti-Angionese) in Tumoren. Der Rest der Patienten erhielt die Chemotherapie plus Bevacizumab. Auf die anfängliche Behandlung erfolgte eine Erhaltungstherapie ohne Zytostatika.
„Die Ergebnisse sprechen für die Immuntherapie in Kombination mit Chemotherapie und Anti-Angiogenese-Behandlung“, sagte Hochmair. In der Gruppe mit allen vier Arzneimitteln konnte das Fortschreiten der Erkrankung median (bei der Hälfte der Patienten länger, bei der Hälfte der Patienten nur kürzer; Anm.) 8,3 Monate lang verhindert werden. In der Vergleichsgruppe ohne die Immuntherapie waren es median 6,8 Monate. Nach zwölf Monaten verdoppelte sich der Anteil der Patienten ohne Krankheitsfortschritt von 18 auf 36,5 Prozent. Die Überlebensrate nach 24 Monaten lag unter der intensivsten Therapie bei 43 Prozent, in der Vergleichsgruppe ohne Immuntherapie bei 34 Prozent.
„Ohne Therapie würde die Lebenserwartung dieser Patienten nur etwa sechs Monate betragen. Mit Chemotherapie sind es etwa zwölf Monate. Nimmt man eine Behandlung mit Bevacizumab hinzu, werden 13 bis 14 Monate erreicht. Die zusätzliche Immuntherapie lässt eine mediane Überlebenszeit von um die 19 Monate erwarten“, sagte Hochmair.