Strategie gegen den Lungenkrebs 2 - Viele Opfer in Europa und China

Wien (APA) - Bei allen Unterschieden zwischen Zentraleuropa und China gibt es eine wichtige Gemeinsamkeit: die hohe Lungenkrebs-Häufigkeit. ...

Wien (APA) - Bei allen Unterschieden zwischen Zentraleuropa und China gibt es eine wichtige Gemeinsamkeit: die hohe Lungenkrebs-Häufigkeit. In Europa liegt da beispielsweise Ungarn in Spitzenposition.

Laut den Zahlen aus dem Jahr 2013 wurden in China 732.000 Neuerkrankungen an Lungenkrebs diagnostiziert, das sind 40 Prozent aller weltweit neu auftretenden Fälle. Rund 590.000 Todesfälle durch die Erkrankung werden jährlich registriert. An einer einzigen auf Lungenkrebs spezialisierten Klinik werden in China pro Jahr rund 2.000 Patienten operiert. In Zentraleuropa betreffen 80 bis 85 Prozent aller Lungenkrebs-Fälle Raucher oder ehemalige Raucher, weltweit sind es 70 Prozent. Vor diesem Hintergrund findet - erstmals in Wien - unmittelbar nach dem World Summit das „10th Chinese German Lung Cancer Forum“ statt - ein Meeting deutschsprachiger Lungenkrebsspezialisten mit ihren chinesischen Kollegen.

Die Vorträge und Fortbildungsseminare bei dem Meeting umfassen praktisch alle wissenschaftlichen und klinischen Aspekte rund um das Lungenkarzinom. „Da geht es um die molekulare Diagnostik genauso wie um die zielgerichtete Therapie und die Immuntherapie beim Lungenkarzinom“, betont Organisator Pirker.

Ein wichtiges gemeinsames Anliegen der chinesischen und europäischen Experten ist die Stärkung der Früherkennung und die Zusammenarbeit bei der Implementierung von Lungenkrebs-Screeningprogrammen als zentrale Maßnahme zur Senkung der hohen Lungenkrebs-Sterblichkeit. „Nur etwa 20 Prozent der Lungenkarzinome werden im Frühstadium entdeckt. Erfolgt das rechtzeitig, können die Fünf-Jahres-Überlebensraten sogar 90 Prozent erreichen“, sagte der Wiener Radiologe Helmut Prosch. Bei später Diagnose, was zumeist der Fall ist, sinkt die Fünf-Jahrs-Überlebensrate auf nur noch 15 bis 20 Prozent.

„Deshalb wird derzeit weltweit nach Möglichkeiten gesucht, Früherkennungsprogramme zu etablieren. Eine große amerikanische Studie hat gezeigt, dass man durch die jährliche Untersuchung von starken Langzeit-Rauchern mit Niedrigdosis-Computertomografie die Lungenkrebsmortalität um 20 Prozent senken kann“, betonte der Experte. Führende wissenschaftliche Fachgesellschaften empfehlen daher Screenings mittels Niedrigdosis-Computertomografie bei Risikopersonen. Eine Kombination von Screenings mit Raucherberatung erhöht die Effizienz der Früherkennung.

Die Etablierung großer Screeningprogramme ist komplex. Die Kosten müssen genauso berücksichtigt werden, wie die genaue Definition der Zielgruppe. „Nach derzeitigem Wissen sollte das Screening auf eine Lungenkarzinomerkrankung spezielle Risikogruppen umfassen. Das sind insbesondere Raucher im Alter über 55 Jahren, die eine oder mehr Packungen Zigaretten über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren geraucht haben und ehemalige starke Raucher, die innerhalb der vorangegangenen 15 Jahren mit dem Rauchen aufgehört haben“, sagte Prosch. „Wir suchen auch weiterhin nach Möglichkeiten, Risikopersonen noch präziser zu identifizieren.“

Ein wichtiges Anliegen sei in China wie in Zentraleuropa aber auch die Prävention, sagte Onkologe Peter Pirker. „Hier sind in China Fortschritte bei der Tabakkontrolle zu verzeichnen. In Shanghai gibt es Bestrebungen, die Millionenmetropole zu einer rauchfreien Stadt zu machen. Das liegt im Einklang mit dem internationalen Trend, an den Österreich vor kurzem mit dem Kippen des geplanten Gastro-Rauchverbotes leider einmal mehr den Anschluss verpasst hat.“

2015 wurden in Österreich 4.860 Lungenkarzinom-Neudiagnosen gestellt (2.956 Männer, 1.904 Frauen). Lungenkrebs ist derzeit die häufigste Todesursache bei den bösartigen Erkrankungen. Damit ist das Lungenkarzinom in Österreich, vor allem auch bei der steigenden Zahl der Frauen mit einem Lungenkarzinom, eines der größten Probleme bei den Krebserkrankungen.

Am Chinese German Lung Cancer Forum nehmen 150 Fachleute teil, rund hundert davon aus China. „Dieses Treffen gibt es jährlich seit 2009. Bisher hat es jeweils in Shanghai oder in Dresden stattgefunden, jetzt kommt Wien als regelmäßiger Austragungsort dazu“, sagte Pirker. Gründer war Christian Manegold (Mannheim). Auf chinesischer Seite sind Caicun Zhou (Shanghai) und Yi-Long Wu (Guangzhou) federführend. Die Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft der Tongji-Universität in Shanghai, der MedUni Wien, der Universität Heidelberg und der Universität Bialystok (Polen).