Zellenbrand in JA Josefstadt: Feuerwehr nach sechs Minuten im Einsatz
Wien (APA) - Das Justizministerium ist am Mittwoch entschieden und mit Nachdruck Medienberichten entgegen getreten, denen zufolge die Bekämp...
Wien (APA) - Das Justizministerium ist am Mittwoch entschieden und mit Nachdruck Medienberichten entgegen getreten, denen zufolge die Bekämpfung eines Brandes in der Wiener Justizanstalt (JA) Josefstadt zu lange gedauert haben soll. „Der erste Feuerwehrmann war nach sechs Minuten am Brandgeschehen“, betonte der Leiter der Generaldirektion für den Strafvollzug, Erich Mayer, gegenüber der APA.
Ein Häftling hatte in den Abendstunden des 16. Oktober 2016 in seiner Zelle, die er sich mit drei weiteren Männern teilte, seine Matratze angezündet, weil er seine Verlegung in einen anderen Haftraum erzwingen wollte. Der algerische Asylwerber war mit den Haftbedingungen nicht einverstanden, denn aufgrund von Sprachbarrieren konnte er sich nicht mit seinen Zellenkameraden verständigen. Die Justizwache bekam von dem Feuer zunächst insofern nichts mit, weil der Brandstifter sich mit zwei Buttermessern bewaffnet hatte und die anderen Insassen daran hinderte, Alarm zu schlagen. Die Flammen konnten sich somit im Haftraum ausbreiten.
Aufgrund der starken Rauchentwicklung blieb das auch für die dienstversehenden Justizwachebeamten lebensbedrohliche Geschehen - elf von ihnen mussten nach dem Einsatz mit Rauchgasvergiftungen im Spital behandelt werden - aber nicht lange unentdeckt. Die Betriebsfeuerwehr reagierte umgehend. Acht Minuten nach Ausbruch des Brandes wurde der erste Löschangriff durch die Speiseklappe in der Zellentür unternommen. Die Tür konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht geöffnet werden, weil die Beamten damit ihr eigenes und vor allem auch das Leben der drei vom bewaffneten Brandstifter bedrohten Insassen gefährdet hätten. Nachdem sie einen Überblick über die Gefährdungslage gewonnen hatten, verschafften sich die Feuerwehrmänner mit Spezialausrüstung Zutritt. 15 Minuten nach dem Ausbruch des Feuers wurden zwei Insassen geborgen, eine Minute später ein dritter. Nach 21 Minuten war die beigezogene Wiener Berufsfeuerwehr zur Stelle. Nach 22 Minuten konnte auch der vierte Insasse gerettet und das Feuer gelöscht werden.
Die beschriebenen Vorgänge wurden strafrechtlich aufgearbeitet. Nicht weniger als drei Verhandlungen wurden am Landesgericht für Strafsachen gegen den Brandleger durchgeführt. Die erste Verhandlung endete mit einem Unzuständigkeitsurteil, ein Schöffensenat kam zum Schluss, es müsse geprüft werden, ob der Algerier den Tod seiner Mitgefangenen bewusst in Kauf genommen hatte. Der Mann musste sich daher wegen versuchten Mordes vor Geschworenen verantworten. Nach zwei Verfahren wurde der 34-Jährige am 1. Februar 2018 von einem Schwurgericht wegen Brandstiftung, schwerer Körperverletzung und Nötigung zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Der Mordvorwurf wurde fallengelassen. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Nichtigkeitsbeschwerde ein, die beim Obersten Gerichtshof (OGH) anhängig ist. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.
Ein nun vom „Falter“ veröffentlichtes Video vom Brandgeschehen, das laut der Wochenzeitung Versäumnisse bei der Brandbekämpfung zeigen soll, war Bestandteil des Gerichtsaktes, wurde in den Hauptverhandlungen abgespielt und war damit Bestandteil der gerichtlichen Entscheidungsfindung. Zwei Häftlinge, die schwere, teilweise lebensgefährliche Verletzungen erlitten hatten, hatten sich in dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen und waren vor Gericht auch anwaltlich vertreten. Auch jener Mann, der nun in mehreren Medien der Gefängnisleitung vorwirft, er wäre zu spät gerettet worden, und eine Klage auf Schadenersatz nach dem Amtshaftungsgesetz einbringen will, hatte einen Rechtsbeistand zur Seite, der seine Interessen vertrat. Der Ex-Häftling bekam vom Landesgericht vor fünf Monaten ein Schmerzengeld von 2.500 Euro zugesprochen, der zweite betroffene Insasse 3.000 Euro. Der Dritte hatte keine Ansprüche geltend gemacht.
Für die Ressortmediensprecherin im Justizministerium, Britta Tichy-Martin sind Behauptungen, die Justizwache wäre bei der Brandbekämpfung überfordert gewesen, nicht nachvollziehbar. „Da waren topausgebildete Feuerwehrleute im Einsatz. Das sind Profis, die speziell auf Einsätze in einer Justizanstalt geschult sind“, betonte sie gegenüber der APA. Der gegenständliche Einsatz wurde seitens der Strafvollzugsverwaltung unter Einbeziehung externer Experten von Polizei, Berufsfeuerwehr Wien und Berufsrettung Wien evaluiert, unterstrich Tichy-Martin: „Dabei wurde die Handlungsweise der einschreitenden Einsatzkräfte als höchst professionell beschrieben.“
Der freiheitliche Bereichssprecher für den Öffentlichen Dienst und AUF-Bundesvorsitzende Werner Herbert wies den „Falter“-Bericht als „inhaltlich falsch“ und „sachlich unvollständig“ zurück. Der Artikel verfolge „offensichtlich auch das Ziel, die damals eingesetzten Justizwachebeamten indirekt einer schweren Dienstpflichtverletzung [...] zu beschuldigen“. Das sei entschieden zurückzuweisen. „Erhebungen und Überprüfungen durch die Vollzugsbehörde und Gericht ergaben, dass die eingesetzten Beamten dienstlich korrekt gehandelt und die Rettungsmaßnahmen unter Bedacht auf die damals vorherrschende Bedrohungslage so rasch als möglich durchgeführt wurden“, meinte Herbert in einer Aussendung.
Zu Wort meldete sich am Mittwoch auch der Vorsitzende des Dienststellenausschusses in der JA Josefstadt, Hans Toth. „Die Kolleginnen und Kollegen haben unter Einsatz ihres Lebens weit Schlimmeres verhindert. Auch elf Beamte wurden bei diesem Vorfall verletzt“, gab er in einer Presseaussendung zu bedenken.
Unterdessen brachte NEOS-Justizsprecherin Irmgard Griss eine parlamentarische Anfrage zu diesem Thema ein. Die JA Josefstadt sei überbelegt und personell unterbesetzt. „Diese Bedingungen sind eine Zumutung und eine giftige Mischung. Es gibt dort noch Hafträume, die mit zehn Männern belegt sind. Diese Männer sind dort oft 23 Stunden am Tag eingesperrt. Das alleine ist schon ein Zustand, der das Konfliktpotenzial in einer Anstalt erhöht. Dazu kommt, dass es in der Anstalt zu wenig Justizwachebeamte gibt“, äußerte sich die ehemalige OGH-Präsidentin. Die Regierung und das Justizministerium „schauen zu, obwohl sie wissen, wie angespannt die Situation ist“, kritisierte Griss.
Auch der Justizsprecher der Liste Pilz, Alfred Noll, bemängelte den personellen Engpass in der JA Josefstadt, dem größten Gefängnis des Landes: „Es darf nicht sein, dass sich bloß 36 Justizbeamte um 1.200 zusammengepferchte Insassen kümmern müssen, wie das damals in der Justizanstalt Josefstadt der Fall war.“ Das sei „sowohl eine Gefahr für die Insassen, als auch für die Strafvollzugsbeamten selbst“, erklärte der Rechtsanwalt per Presseaussendung.