Salzburger Festspiele - Rasche bringt das Landestheater zum Rotieren
Salzburg (APA) - „Die Perser“ des Aischylos, uraufgeführt im Jahr 472 v. Chr., gelten als ältestes erhaltenes Drama. Es geht um ein Thema, d...
Salzburg (APA) - „Die Perser“ des Aischylos, uraufgeführt im Jahr 472 v. Chr., gelten als ältestes erhaltenes Drama. Es geht um ein Thema, das die Menschheit seit jeher begleitet: Krieg. Michael Thalheimer hat im Vorjahr im Akademietheater das Stück über die Niederlage der viel größeren persischen Flotte gegen die Griechen statisch und schreckensstarr inszeniert. Bei den Salzburger Festspielen wird es ganz anders.
Im Salzburger Landestheater (Premiere: 18. August) inszeniert nämlich der deutsche Regisseur Ulrich Rasche. Und dessen Motto erinnert an das eines Fußballtrainers: Immer in Bewegung bleiben! Zwei weitere Komponenten sorgen dafür, dass seine Inszenierungen hohen Wiedererkennungswert haben: Chorische, streng rhythmisierte Sprache und ein Technik-Spektakel, das mit der Wucht von Walzen, Laufbändern und Scheiben den menschlichen Faktor in den Hintergrund zu drängen scheint. Rasches Salzburger „Perser“ werden jedoch beides bieten: zum Greifen nahe Schauspielstars und ein Maschinentheater, wie es die Festspielstadt noch nicht gesehen hat.
„Auf der Drehbühne liegt eine große Scheibe von 13 Metern Durchmesser. Sie ist multifunktional und zweigeteilt, kann in verschiedene Richtungen laufen und hat eine Hydraulik, die sich schräg stellen kann. Im Orchestergraben und im Parkett, also direkt im Publikum, liegt eine zweite Scheibe. Es ist der Versuch, die Situation des griechischen Theaters nachzubauen“, erklärt der 1969 in Bochum geborene Regisseur und Bühnenbildner sein Konzept, an dessen technischer Umsetzung seit Monaten gearbeitet wird, im Gespräch mit der APA.
„Mein Trick ist, dass ich den großen Botenbericht, der von der Schlacht der Perser gegen die Griechen bei Salamis berichtet, durch einen 16-köpfigen Männerchor auf der hinteren Scheibe darstelle. Dabei wird der Rausch der Schlacht aufgegriffen. Denn Aischylos‘ eigentlicher Chor der Ältesten ist ja ein weiser, nicht ekstatischer Chor, einer, der das Königshaus berät. Bei mir sind das die wunderbaren Schauspielerinnen Katja Bürkle und Valery Tscheplanowa, die zusammen mit Patrycia Ziolkowska als Königsmutter Atossa auf der vorderen Scheibe stehen. Diese drei Frauen sind ja die Spitze dessen, was man im Moment im deutschsprachigen Raum zusammencasten kann“, zeigt sich Rasche selbstbewusst.
Es macht sich bezahlt, dass Rasche, dessen Erstantreten in Österreich 2007 bei den Wiener Festwochen mit „This is not a Love Song“, eine Mischung aus Kunstinstallation und Konzert ins Jugendstiltheater, auf eher verhaltene Aufnahme stieß, seit Jahren mit großer Beharrlichkeit an seiner ganz speziellen Ästhetik feilt. „Dantons Tod“ sorgte als wuchtiges Walzenspektakel 2015 in Frankfurt erstmals für überregionale Aufmerksamkeit, „Die Räuber“ am Residenztheater München trugen Rasche den Nestroy-Preis für die Beste deutschsprachige Aufführung sowie eine Nominierung für das Berliner Theatertreffen ein, wo er im Folgejahr mit seinem Basler „Woyzeck“ gleich wieder zu Gast war. Nicht nur Schauspielgrößen interessieren sich seither für Rasches speziellen Versuch, „Inhalt und Form zusammenzuführen“, auch Intendanten reißen sich um ihn. Doch seine Konzepte haben ihren Preis. Einen, den sich nur noch wenige leisten können.
„Die Handhabung der Technik wird immer raffinierter, weil ich alle Erfahrungen, die ich gemacht habe, in die nächsten Produktionen mitnehmen kann“, schildert Rasche. „Dadurch gelingt es mir, immer komplexere und feinere Situationen zu bauen. Ich lege es wirklich nicht darauf an, monumentaler oder größer oder teurer zu werden, das interessiert mich nicht. Ich kann aber jetzt nicht anfangen, darüber nachzudenken, ob ich kleinere Bühnenbilder machen soll. Der Punkt ist: Wer zahlt das? Wer will das? Und im Moment wollen es alle“, sagt der Regisseur in einer Mischung aus Stolz und Staunen. „Ich bin also gespannt, was da in Salzburg passieren wird.“
Gespannt darf man auch sein, was Rasche 2019 am Burgtheater vom Stapel lassen wird. Dass der neue Burg-Chef Martin Kusej sich die Chance auf einen Knalleffekt in seiner ersten Saison nicht entgehen lassen wird, gilt als sicher.
(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - „Die Perser“ von Aischylos, Wiedergegeben von Durs Grünbein. Regie und Bühne: Ulrich Rasche, Chorleitung: Toni Jessen, Juergen Lehmann, Komposition: Ari Benjamin Meyers, Kostüme: Sara Schwartz, Mit: Katja Bürkle, Valery Tscheplanowa - Chor des persischen Ältestenrates/Dareios‘ Geist, Patrycia Ziolkowska - Atossa, Königsmutter, Marcel Andrée, David Campling, Torsten Flassig, Pascal Groß, Harald Horváth, Toni Jessen, Max Koch, Julian Melcher, Max Bretschneider, Sam Michelson, Johannes Nussbaum, Justus Pfankuch, Samuel Simon, Yannik Stöbener, Alexander Vaassen, Andreas Vögler - Boten / Armee des Xerxes / Xerxes und andere, Guillaume Francois, Arturas Miknaitis - Sänger. Salzburger Festspiele in Koproduktion mit dem Schauspiel Frankfurt. Landestheater. Premiere: 18.8., 19.30 Uhr, Weitere Aufführungen: 20., 21., 23.-27.8., 19.30 Uhr. Karten: 0662 / 8045-500, www.salzburgerfestspiele.at)
(A V I S O - Die APA wird ab 20. Juli einen Live-Blog zu den Salzburger Festspielen anbieten.)