Identitäre-Prozess - Sellner: „Haben immer gewaltfrei gehandelt“
Graz (APA) - Der Richter begann am späten Vormittag mit der Befragung von Identitären Österreich-Mitbegründer Martin Sellner. Dieser sagte, ...
Graz (APA) - Der Richter begann am späten Vormittag mit der Befragung von Identitären Österreich-Mitbegründer Martin Sellner. Dieser sagte, er habe 2012 die IBÖ mit u.a. Patrick Lenart ins Leben gerufen. Sie hätten die Besetzung der Baustelle einer Moschee in Frankreich gesehen und die Aktion habe ihnen gefallen. Die IBÖ habe laut Sellner immer betont „gewaltfrei gehandelt“.
Eine patriotische NGO habe zu dem Zeitpunkt in Österreich gefehlt, sagte Sellner. Auf die Frage des Richters, welche Grundideen und Werte man habe, hieß es: „Patriotische Positionen in die Gesellschaft tragen, ein gesunder Bezug zum Eigenen, ohne dabei Fremdes zu verachten“. Es gehe darum, die Haltung „Heimat, Freiheit, Tradition“ friedlich zum Ausdruck zu bringen. Es sei um die Gründung einer NGO nach dem Vorbild von Greenpeace gegangen. Die Vereinsgründung sei erfolgt, um etwa Kundgebungen anzumelden und ein Zentrum in der Grazer Schönaugasse zu unterhalten.
2015 habe sich die Debatte über die Islamisierung zugespitzt, zuvor schon habe es eine konzeptlose Einwanderungspolitik und „keine offene und freie Debatte über diese Frage gegeben, sagte Sellner zu den Bewegungsgründen seines Handelns. Eine Bedrohung durch den radikalen Islam gebe es in Österreich „Gott sei Dank“ nicht, sagte Sellner auf Nachfragen des Richters. Es gehe darum, durch Bewusstmachung eine solche zu verhindern. „Dann verliert man Bankkonten und bekommt das Auto angezündet, wird dämonisiert und kriminalisiert. Von uns ist nie Gewalt ausgegangen, unsere Überlegung war, wie man die Debatte starten kann. Da haben wir uns an Aktionsformen der Linken orientiert, wie Greenpeace. In Schulungen wurde immer betont, keine Menschengruppen angreifen, keine Sachbeschädigungen und Vandalismus zu begehen“, sagte Sellner. Die Nutzung medialer Kanäle sei unter dem Motto „pics make it happen“ erfolgt.
Der Richter sprach Sellner auf seinen Kontakt zu rechtsradikalen Personen wie etwa Gottfried Küssel an, mit dem er auf einem Foto zu sehen ist. „Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich in meiner Jugend in diesen Kreisen war, aber ich habe mich davon gelöst“, beteuerte Sellner. „Aber das Foto stammt aus 2010 oder 2011. Das ist knapp vor der Gründung der IBÖ“, warf der Richter ein. Sellner blieb dabei, dass er nun nichts mehr damit zu tun habe.
Der IBÖ-Chef schilderte, dass die Bewegung derzeit rund 300 aktive Mitglieder hat, die sich auch schon an Aktionen beteiligt oder Flugzettel verteilt hätten. Hunderte Spender würden hinzukommen. Sellner sprach außerdem von geschätzt 10.000 bis 20.000 Sympathisanten.
Anschließend ging der Richter auf einzelne Aktionen ein und begann mit jener am Dach der Parteizentrale der Grünen Steiermark. Er fragte Sellner, der selbst daran beteiligt war, nach seiner Motivation: „Wir wollten die Politik der offenen Grenzen kritisieren.“ Die Grünen seien dafür eingestanden und daher habe man ihr Haus gewählt.
Dass ursprünglich die in Bau befindliche Moschee des Islamischen Kulturzentrums besetzt werden sollte, sei falsch, so der Angeklagte. Das habe zwar ein gewisser „Sandro“ - bei ihm soll es sich um einen in die IBÖ eingeschleusten Spitzel des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) gehandelt haben - vorgeschlagen, doch man sei nicht auf ihn hineingefallen, schilderte Sellner.
Mit der medial bekannt gewordenen Schweinekopf-Aktion vom Mai 2012 habe die IBÖ nichts zu tun: „Das war uns zu primitiv und man kann damit Menschen in ihrer religiösen Würde herabsetzen“, sagte der Wiener Student zum Richter. Gefragt nach der Bedeutung von Islamisierung meinte Sellner, dass er darunter die „Ausbreitung eines politischen, radikalen Islam“ verstehe.