Standortentwicklungsgesetz - Funk: „Es ist eine Verfahrensfiktion“

Wien (APA) - Der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk hält das von der Regierung geplante Standortentwicklungsgesetz für rechtlich unzuläs...

Wien (APA) - Der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk hält das von der Regierung geplante Standortentwicklungsgesetz für rechtlich unzulässig, „sowohl vom Verfassungsrecht als auch vom Europarecht her“. Das Gesetzesvorhaben sei daher „mit recht sehr umstritten“, sagte Funk am Mittwoch zur APA.

So stelle sich etwa die Frage, ob die geplante Frist von 18 Monaten für die Durchführung eines UVP-Verfahrens auch dann gelte, wenn das Verfahren von einer Seite mutwillig oder fahrlässig verzögert werde.

Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) habe zwar darauf hingewiesen, dass ja ohnehin die Möglichkeit bestehe, im anschließenden Rechtsmittelverfahren die materielle Sachlage und das Verfahren zu beurteilen, sagte Funk - allerdings sei geplant, eine Art Neuerungsverbot einzuführen. „Das heißt, es ist mit Ablauf dieser 18 Monate in Verbindung mit der automatischen Genehmigung vorgesehen, dass dann keine neuen Aspekte mehr ins Spiel gebracht werden können. Das entwertet natürlich das Argument einer nachträglichen Überprüfung im Anschlussverfahren vor dem Verwaltungsgericht“, so der Verfassungsexperte. Man könne zwar gegen die Genehmigung wegen Zeitablaufs mit rechtlichen Mitteln ankämpfen, „aber mit gefesselten Händen“.

„In Wahrheit handelt es sich um eine Verfahrensfiktion“, sagte Funk. „Man sagt nach 18 Monaten ist Schluss und wir tun so als ob die Entscheidung schon spruchreif wäre. Das heißt, es gilt als genehmigt. Diese Vermutung ist dann unwiderleglich.“ Sie könne aber im Rechtsmittelverfahren insofern wieder aufgenommen werden, „als dort dann vorgebracht werden kann, dass es im vorgelagerten Verfahren nicht vorgebracht werden konnte“.

Funk sieht noch ein weiteres Problem bei dem Regierungsvorhaben: Die Standortrelevanz solle ja durch eine eigene Verordnung der Bundesregierung festgelegt werden. „Was ist, wenn das Ganze wie ein Kartenhaus zusammenbricht und diese Verordnung im Nachhinein aus irgendeinem Grund zum Beispiel durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes aufgehoben wird? Kommen dann die 18 Monate nicht zum Tragen, muss man das Ganze noch einmal von vorne beginnen?“

„Ich sehe darin eine allgemeine besorgniserregende Entwicklung“, sagte Funk. Das betreffe nicht nur die Verfahren bei Großprojekten, sondern auch die Vorgangsweise bei der Arbeitszeitflexibilisierung oder im Bezug auf Grenzsicherung und Migration. Es sei der Eindruck zumindest nicht von der Hand zu weisen, „dass von Regierungsseite die Bereitschaft hoch ist, über Bedenken, Einwände und Kritik - auch juristische Kritik - sich einfach hinwegzusetzen“. Das erfolge „in Verbindung mit einer Suspendierung traditioneller sozialpartnerschaftlicher und konsensdemokratischer Mechanismen, die nicht nur strapaziert, sondern da und dort über Bord geworfen werden.“