Griechenland-Nachwehen im EU-Parlament
Athen/Straßburg (APA) - Das Ende für das griechische Hilfsprogramm am 20. August wurde Mittwoch im EU-Parlament unterschiedlich bewertet. EU...
Athen/Straßburg (APA) - Das Ende für das griechische Hilfsprogramm am 20. August wurde Mittwoch im EU-Parlament unterschiedlich bewertet. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici betonte, Griechenland habe nach acht schweren Jahren zur Normalität zurückgefunden.
Eurogruppen-Chef Mario Centeno freute sich, dass das Hilfsprogramm erfolgreich abgeschlossen werde. Bei den Abgeordneten gab es allerdings teils heftige Kritik.
Moscovici würdigte, dass es ein wichtiger Moment für die Eurozone sei, die Krise zu meistern und widerstandsfähig zu bleiben. Griechenland und die Währungsunion würden gestärkt aus der Krise hervorgehen. „Ich kann mich noch erinnern, dass einige nicht so solidarisch waren und 2013 einige Griechenland aus der Eurozone rausschmeißen wollten.“ Dies hätte zu einem unwiderruflichen Bruch geführt und dadurch wären die Werte in Europa auf den Kopf gestellt worden. Ein viertes Rettungsprogramm werde es nicht geben.
Centeno sagte, langfristig werde sich die Lage positiv auf das Wachstum in Griechenland auswirken. Griechenland werde aus der Schuldenspirale rauskommen. Dazu habe die Eurogruppe erheblich beigetragen. Für das aufgewendete Geld an Athen seien zahlreiche Reformen gesetzt worden. Nun brauche die Umsetzung zwar noch Zeit, und die Eurogruppe müsse sich da geduldig zeigen und einen langen Atem haben.
Die Wachstumsaussichten für Griechenland seien aber sehr positiv. Die Zahl der Arbeitsplätze würde zunehmen, was zu einem Sinken der Arbeitslosigkeit führe. Von der letzten Hilfstranche von 15 Mrd. Euro würden 9,5 Mrd. für einen Liquiditätspuffer verwendet, was beruhigend für die Schuldner sein werde. Die restlichen 5,5 Mrd. würden 2020 auf ein getrenntes Konto bezahlt, um den Schuldendienst zu finanzieren.
Der EVP-Abgeordnete Manolis Kefalogiannis warf Moscovici vor, in Athen zuletzt Vorwahlkampf für die Sozialdemokraten betrieben zu haben. In Wahrheit werde ein viertes Sparpaket akzeptiert, wenn zehn Prozent des BIP eingespart werden sollen. Es seien weitere Reformen notwendig, um die Sackgasse zu verlassen, in der Griechenland gefangen gewesen sei.
Der SPD-Abgeordnete Roberto Gualtieri bezeichnete die Aussagen seines Vorredners als skurril. Die Bedeutung des Hilfsprogramms sei zu würdigen. Es sei ein großer Erfolg für Griechenland, einen neuen Weg nach Jahren der Opfer einzuschlagen. Die Schuldenerleichterungen seien sehr wichtig.
Der Abgeordnete Bernd Lucke von den Konservativen und Reformern warf Moscovici und auch Centeno Schönfärberei vor. Das Hilfsprogramm sei ein großer Fehlschlag gewesen. Der Schuldenstand sei 2010 bei 140 Prozent des BIP gelegen, nach einem riesigen Schuldenerlass von 107 Mrd. Euro sei der Schuldenstand aber bis heute sogar auf 180 Prozent gestiegen.
Ramon Tremosa i Balcells von den Liberalen beglückwünschte dagegen Griechenland, das nach acht Jahren Schuldenhilfe dieses schmerzhafte Kapitel abschließen könne. Das Land stehe wieder auf eigenen Beinen. Notwendig sei noch das Eintreiben von Steuerschulden, dann könnten auch die Steuern in Griechenland gesenkt werden.
Der grüne Europamandatar Philippe Lamberts bemängelte, dass jahrzehntelang die Staatsverschuldung Griechenlands vernachlässigt worden sei. Obwohl die Wirtschaft nicht modernisiert worden sei und bei der Steuererhebung kaum etwas passierte, hätten die Griechen Banken gefunden, die ihnen Anleihen gegeben hätten über das Vernünftige hinaus. Die Bevölkerung bezahle den Preis für diese doppelte Unverantwortung.
Dimitrios Papadimoulis von den Linken sagte, man könne nicht feiern, dass Griechenland aus dem Hilfsprogramm ausscheide. Denn die griechische Bevölkerung habe unter den Reformen weiter zu leiden.
Der rechtspopulistische Abgeordnete Marco Valli von der EFDD meinte, die Milliardenkredite im Gegenzug für Reformen seien nicht den Bürgern zugutegekommen. Tatsächlich seien mit den Darlehen die Gläubiger im Ausland bezahlt worden. Es habe sich um ein riesiges Hilfsprogramm für deutsche und französische Banken gehandelt.
Die FPÖ-Europaabgeordnete Barbara Kappel von der rechtspopulistischen ENF verwies auf die 274 Mrd. Euro an geflossenen Hilfsgeldern für Griechenland. Aber auch wenn es einen Primärüberschuss von 5,5 Prozent und ein Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent gebe, könne das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Arbeitslosigkeit über 20 Prozent betrage und die Staatsverschuldung bei waghalsigen 180 Prozent des BIP liege.
~ WEB http://www.europarl.europa.eu/portal/de ~ APA423 2018-07-04/16:24