Standortentwicklungsgesetz - Juristen zweifeln an Rechtmäßigkeit
Wien (APA) - Während die Wirtschaft nach dem Beschluss der Eckpunkte für das Standortentwicklungsgesetz (StEntG) über schnellere Rechtssiche...
Wien (APA) - Während die Wirtschaft nach dem Beschluss der Eckpunkte für das Standortentwicklungsgesetz (StEntG) über schnellere Rechtssicherheit jubelt, zweifeln nicht nur NGOs sondern auch Juristen an der rechtlichen Zulässigkeit des Regierungsvorhabens. Dieses sieht vor, dass Großprojekte automatisch genehmigt werden, wenn die UVP-Behörde nicht innerhalb von 18 Monaten entscheidet.
Der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk hält die geplante Neuerung vorerst „sowohl vom Verfassungsrecht als auch vom Europarecht her“ für unzulässig. Besonders bedenklich sei, dass nach der automatischen Genehmigung keine neuen Aspekte mehr ins Spiel gebracht werden könnten - also eine Art Neuerungsverbot greifen soll. Dann könne man nur „mit gefesselten Händen“ gegen eine Entscheidung vorgehen. Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer ist nach jetzigem Stand kritisch, zum Beispiel wären die Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) dadurch leicht manipulierbar, indem man sie bewusst verzögert.
Mit dem geplanten Gesetz, das bis Ende der Woche in Begutachtung geschickt werden soll, sollen „standortrelevante“ Vorhaben automatisch abgesegnet werden, wenn die UVP-Behörde keine rechtzeitige Entscheidung fällt. Darunter fallen Großprojekte, „die außerordentlich positive Folgen für den Wirtschaftsstandort erwarten lassen“ und die eine UVP durchlaufen müssen. Der Antrag dafür muss bereits bei der UVP-Behörde (Länder oder BMVIT) eingebracht worden sein.
Die neue Regelung soll für Großprojekte gelten, deren UVP-Genehmigungsantrag beziehungsweise StEntG-Antrag ab dem 1. Jänner 2019 eingereicht wird. „Bereits anhängige Verfahren, wie etwa der Lobau-Tunnel oder das Verfahren zur dritten Piste, fallen nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.
Allerdings wäre es theoretisch möglich, laufende Verfahren neu einzubringen. „UVP-Anträge können, wie in jedem anderen Verfahren auch, jederzeit im laufenden Verfahren vom Antragsteller zurückgezogen werden. Sollte eine neuerliche Antragstellung vorgenommen werden, so beginnt das Verfahren von vorne“, so das Ministerium.
Gerechnet wird mit etwa 15 StEntG-Anträgen pro Jahr. Die Entscheidung, ob ein Vorhaben „standortrelevant“ ist, soll etwa sechs Monate dauern. Die 18-Monats-Frist für die Entscheidung der UVP-Behörde soll aber schon ab dem Tag der Antragstellung zu laufen beginnen.
„Diese Frist läuft unabhängig von etwaigen Verbesserungsaufträgen nach dem UVP-G“, so das Ministerium. Es ist also unerheblich, ob der UVP-Behörde weitere Unterlagen fehlen und diese nachgereicht werden müssen. Umweltschützer hatten dies zuvor schwer kritisiert und betont, dass es oft Monate dauere, bis Projektbetreiber alle notwendigen Informationen lieferten.
„UVP-Verfahren dauern ab Vollständigkeit der Unterlagen in Österreich im Durchschnitt sieben Monate. Es dauert jedoch in der Regel mehr als zehn Monate, bis Projektwerber die Unterlagen für das Verfahren vollständig haben“, hieß es etwa von Global 2000. Die Kritiker schlagen vor, dass statt des Genehmigungsautomatismus besser die Zahl der Amtssachverständigen aufgestockt werden sollte, um Verfahren zu beschleunigen.