Stichwort: Nowitschok - Nervenkampfstoff mit tödlicher Wirkung

London (APA/AFP/dpa) - Die Substanz, mit welcher zunächst der russische Ex-Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia im März vergif...

London (APA/AFP/dpa) - Die Substanz, mit welcher zunächst der russische Ex-Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia im März vergiftet wurden und mit dem nach britischen Behördenangaben nun zwei weitere Menschen in Großbritannien auf lebensgefährliche Weise in Kontakt gekommen sind, stammt aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe. Der Name der chemischen Waffe bedeutet auf Russisch so viel wie „Neuankömmling“.

Sowjetische Wissenschafter entwickelten das Gift zwischen 1970 und 1980 auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges in einem staatlichen Forschungsinstitut in Moskau. Als einer der „Väter“ der Nowitschok-Gifte gilt Wil Mirsajanow, der 1995 in die USA auswanderte. Nach seinen Angaben reicht ein halbes Gramm eines Nowitschok-Giftes aus, um einen Menschen mit einem Gewicht von 50 Kilogramm zu töten.

Nervengifte sind Kampfstoffe, welche die Nervensysteme angreifen - insbesondere die Enzyme, die für die Kommunikation mit den Muskeln zuständig sind. Sie lösen zunächst Verkrampfungen aus, dann Lähmungen und führen schließlich zum Tod durch Ersticken oder Herzversagen.

Um internationale Verbote zu umgehen, wurde Nowitschok im Geheimen entwickelt. Es sind nur wenige Details bekannt. Vermutlich besteht Nowitschok aus zwei an sich ungiftigen Komponenten, die ihre tödliche Gefahr erst beim Mischen entfalten. Es soll fünf bis zehn Mal stärker wirken als der chemische Kampfstoff VX. Mit diesem war im Februar 2017 der Halbbruder des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un in Malaysia ermordet worden.

Nowitschok, das oft in Form eines extrem feinen Pulvers Verwendung findet, gelangt über Haut oder Atemwege in den Körper und führt meist binnen weniger Stunden zum Erstickungstod. Das Gift ist nur schwer nachzuweisen, die Überlebenschancen sind gering. Selbst bei Vergiftungen dieser Art übliche Gegenmittel wie Atropin können meist nur wenig ausrichten.