Flüchtlinge - Orban: Kritik an Ungarns Migrationspolitik verletzt uns
Berlin (APA/Reuters/MTI/dpa/AFP) - Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban fühlt sich durch die deutsche Wahrnehmung der ungarischen M...
Berlin (APA/Reuters/MTI/dpa/AFP) - Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban fühlt sich durch die deutsche Wahrnehmung der ungarischen Migrationspolitik unfair behandelt. „Es verletzt uns, wenn wir von Deutschland beschuldigt werden, dass wir keine Solidarität zeigen“, sagte er nach einem Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin am Donnerstag.
Die Solidarität bestehe darin, dass Ungarns Grenzpolizisten Tausende Migranten abwiesen, die andernfalls nach Deutschland reisten, sagt Orban im deutschen Bundeskanzleramt. Damit nehme man Deutschland „eine immense Last von den Schultern“. Wenn Ungarns Südgrenze nicht „24 Stunden lang von 8.000 Menschen mit der Waffe verteidigt“ werden würde, würden in Deutschland täglich 4.000-5.000 Migranten ankommen, meinte der Regierungschef. Ungarn hatte während der Flüchtlingskrise 2015 einen Zaun an der Grenze zu Serbien und Kroatien errichtet und die Kontrollen und rechtlichen Vorschriften verschärft.
Sein Land arbeite in diesem Bereich sehr hart, sagt Orban auf der Pressekonferenz mit Merkel. Es sei sehr deutlich geworden, dass er und die Kanzlerin sehr unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema Migration hätten. Orban kritisiert zudem Griechenland, das viele Flüchtlinge nicht registriere. Deutschland müsste abgewiesene Migranten eigentlich dorthin zurückschicken. Ungarn sei nicht der Ersteintrittspunkt in die Europäische Union für diese Menschen, sondern Griechenland, betonte Orban.
Merkel sagte, es sei zwar „wichtig und richtig“, dass Ungarn „als Schengen-Außenland den Schutz der Grenze übernimmt“. Der Unterschied zwischen Orbans und ihrer Position in der Flüchtlingspolitik bestehe aber darin, „dass wir immer daran denken müssen, dass es um Menschen geht, die zu uns kommen. Das hat etwas mit Europas Grundhaltung zu tun, und das heißt: Humanität“. Europa könne sich „nicht einfach abkoppeln“ von Not und Leid. Sie forderte auch legale Migrationsmöglichkeiten. „Wenn es keinerlei legale Möglichkeiten gibt, nach Europa zu kommen, wird die Zusammenarbeit mit Afrika schwer.“
Am Mittwoch hatte Orban noch in der „Bild“-Zeitung signalisiert, dass er unter bestimmten Voraussetzungen doch zu Verhandlungen mit Deutschland über ein Flüchtlingsabkommen bereit sein könnte. Zuerst müsse es aber ein Abkommen mit Österreich geben. Am Nachmittag war der deutsche Innenminister Horst Seehofer zu Gesprächen in Wien. Er erwartete aber mit Österreich keine schnelle Einigung über ein neues Rücknahmeabkommen für Flüchtlinge.
Es war Orbans erster Besuch bei der deutschen Kanzlerin seit Mai 2014. Orban galt in der EU lange Zeit als schärfster Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik. Nach der Dublin-III-Verordnung ist im Regelfall das EU-Land für den Asylantrag zuständig, in dem ein Schutzsuchender erstmalig registriert wurde.