Arbeitszeit - Arbeitsrechtler sehen zahlreiche Auslegungsfragen offen

Wien (APA) - Nach dem Beschluss zur Ausweitung der Höchstarbeitszeit haben Experten am Donnerstag vor Stolpersteinen vor allem auch für Unte...

Wien (APA) - Nach dem Beschluss zur Ausweitung der Höchstarbeitszeit haben Experten am Donnerstag vor Stolpersteinen vor allem auch für Unternehmen gewarnt Bei richtiger Anwendung könne es beiden Seiten mehr Flexibilität bringen, aber: „Es bleiben nach wie vor zahlreiche Auslegungsfragen offen, zu denen nun noch weitere hinzugekommen sind“, so Wolfgang Kapek von der Anwaltskanzlei Tailor Wessing.

Spannend bleibe etwa die Frage, wer nun wirklich aus dem Anwendungsbereich der Arbeitszeitgesetze generell ausgenommen werde, so Kapek. Es soll dies auch die „dritte Führungsebene“ sein sowie „Experten“. Ob dies mit der „maßgeblichen selbstständigen Entscheidungsbefugnis“ allerdings wirklich geklärt wurde, werde sich erst zeigen. Insbesondere bei der mehrfachen Übertragung von Zeitguthaben bzw. dem Verlangen der Arbeitnehmer, die 11. und 12. Stunde in Zeit „gutgeschrieben“ zu erhalten, würden noch mehr Zeittöpfe als bisher zu bilden sein. „Aus Praktikabilitätsgründen stehen Unternehmen hier sicher vor weiteren Herausforderungen“, so Kapek weiter.

Arbeitgeber, aber auch Arbeitnehmer haben sich schon bisher mehr Flexibilität, Klarheit aber auch Vereinfachung gewünscht. „Ein mehr an ‚Flexibilität‘ wurde erreicht, die beiden anderen Punkte stehen noch aus“, ergänzt der Arbeitsrechtsexperte in einer Aussendung.

Nichts habe sich grundsätzlich daran geändert, dass die Normalarbeitszeit 8 Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche beträgt. Schon bisher durfte darüber hinaus nur dann gearbeitet werden, wenn nicht „berücksichtigungswürdige Interessen“ des Arbeitnehmers dagegen sprachen. Auch daran habe sich nichts geändert, erinnerte Kapek. Hinsichtlich der 11. und 12. Stunde sei durch den Abänderungsantrag jedoch insofern „nachgebessert“ worden, als diese Arbeiten nun auch ohne Angabe eines Grundes von den Arbeitnehmern abgelehnt werden können.

Eine in der Praxis relevante Ausnahme von der 8 Stunden Normalarbeitszeit ist die Gleitzeit. Auch hier kann nunmehr bis zu 12 Stunden am Tag gearbeitet werden, sogar ohne, dass Überstunden entstehen. Eine Klarstellung erfolgte lediglich für den Fall, dass eine bestimmte Arbeit an einem bestimmten Tag angeordnet wird. „Die bestehenden Gleitzeitvereinbarungen werden jedoch sehr genau mit Hinblick auf die neue Gesetzeslage zu überprüfen und anzupassen sein, da die meisten auf Basis der bisherigen Gesetzeslage eine Maximalarbeitszeit von 10 Stunden pro Tag vorsehen“, wies auch Brigitte Sammer von Tailor Wessing auf eine Tücke im Gesetz hin.

Positive Reaktionen auf den heutigen Beschluss kamen bis Donnerstagnachmittag von der Hoteliervereinigung (ÖHV) und der Jungen ÖVP: Die flexibleren Arbeitszeiten, die einen 12-Stunden-Tag und eine 60-Stunden-Woche erleichtern, brächten mehr Freiheit bzw. Gestaltungsmöglichkeiten für die Menschen. Sehr kritische Stellungnahmen zum Beschluss kamen vom Chef der FSG, Rainer Wimmer, und dem Verband Sozialistischer Studentinnen: Sie orteten einen „Generalangriff“ bzw. eine „Schlag ins Gesicht“ der Arbeitnehmer.