Wiederentdeckung: Hasse-Oratorium „Die Pilger“ beim Festival Retz

Retz (APA) - Die Produktion einer Kirchenoper bildet beim Festival Retz alljährlich den Mittelpunkt des Programms. Diesmal gelangt das baroc...

Retz (APA) - Die Produktion einer Kirchenoper bildet beim Festival Retz alljährlich den Mittelpunkt des Programms. Diesmal gelangt das barocke Oratorium „Die Pilger“ von Johann Adolph Hasse in der Stadtpfarrkirche St. Stephan zur szenischen Aufführung. Eine veritable Wiederentdeckung, wie sich bei der Premiere am Donnerstagabend gezeigt hat.

Die unter Mitwirkung der Hasse-Gesellschaft Bergedorf eigens für Retz erweiterte Fassung des Werks, das im Original den Titel „I pellegrini al sepolcro di nostro signore“ trägt, hat Monika Steiner in bewährter Weise als Kirchenoper inszeniert. Hinzugefügt wurden Chöre aus dem Hasse‘schen Requiem in Es-Dur und dem Miserere in c-moll, auch Handlung und Libretto (zwischen Italienisch und Deutsch wechselnd) haben einige Abwandlungen erfahren, ohne dabei Schaden zu nehmen. Immerhin, argumentiert der musikalische Leiter Andreas Schüller im Programmheft, verfügt diese Art von Pasticcio-Praxis ja über beträchtliche barocke Tradition. Die Personenführung ist auf lebendige Interaktion bedacht und auch in den feinen Vergegenwärtigungen stets sinnentsprechend.

So werden wir Augen- und Ohrenzeugen einer glaubwürdig dargestellten spirituell-touristischen Pilgerreise mit frommen Reflexionen, an deren Ende die Vision von Liebe und Erlösung steht. Eugenia (Bernarda Bobro) ist eine jüdische Amerikanerin aus New York (sic!), die in Jerusalem ihren christlich-palästinensischen Freund Albino (sehr präsent: Manuela Leonhartsberger) besucht. Ursula Langmayr verstrahlt als Ordensschwester Agapita asketischen Charme und stimmliche Exzellenz, Countertenor Nicholas Spanos verleiht dem griechischen Theologiestudenten Teotimo einen Touch Ironie, Stefan Zenkl ist ein emotionaler klerikaler Reiseleiter.

Hervorragend spielt wieder das Ensemble Continuum auf Originalklang-Instrumentarium auf, das Terpsichore Vocalensemble ist stimmig ins Geschehen eingebunden. Intendant Alexander Löffler hat eine Szenerie aus weißen Stufen gestaltet, die den Mitwirkenden einige Achtsamkeit abverlangt, die Kostüme reichen von Ordenstracht bis Palästinensertuch. Das Festival Retz erweist sich einmal mehr als kostbarer Solitär in der sonst meist boulevardesk orientierten niederösterreichischen Sommertheaterlandschaft.

(S E R V I C E - Festival Retz, Stadtpfarrkirche St. Stephan: Johann Adolph Hasse, Die Pilger. Regie: Monika Steiner, musikalische Leitung: Andreas Schüller, u.a. mit Bernarda Bobro, Ursula Langmayr, Nicholas Spanos, Manuela Leonhartsberger, Stefan Zenkl. Aufführungen bis 22. Juli, Tickets und Information: Tel. 02942/222352, www.festivalretz.at)