Südkärntner Sommerspiele: Multi-Kulti-Verwirrung um Sex und Zauberei
Eberndorf (APA) - Als orientalisches Märchen mit pornografischen Zügen inszeniert Patrick Steinwidder William Shakespeares Komödie „Ein Somm...
Eberndorf (APA) - Als orientalisches Märchen mit pornografischen Zügen inszeniert Patrick Steinwidder William Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“ im Innenhof des Stiftes Eberndorf. Bei der wetterbedingt auf Samstagabend verschobenen Premiere trafen Urgesteine des Amateurtheaters auf junge Asylwerber aus Syrien und Afghanistan. Die zum Zauberwald gewandelten Arkaden spielten eine zusätzliche Hauptrolle.
Wie Aladin mit der Wunderlampe irrlichtert der fröhlich-verwirrte Puck (Mohamad Kay Al-Kassar), Hofnarr beim Elfenkönig Oberon, durch die mystische Gegenwelt vor den Toren Athens. Hier erleben die Menschen ihren Sommernachtstraum - ein erotisches Treiben voll Verwechslungen, Begehren und Gewalt.
In einer Kette komischer Ver- und Entwicklungen landen im Wald vor den Mauern Athens vier junge Menschen und eine Laientheater-Truppe aus Handwerkern. Geprobt wird ein Theaterstück für die bevorstehende Hochzeit des Herrschers: Theseus, Herr von Athen (Guido Hitzenhammer), will die von ihm gefangen genommene Königin der Amazonen Hippolyta (Linda Springer) heiraten. In einem Käfig wird sie dem Diktator in Uniform und Militärstiefeln vorgeführt. Vor dem Machthaber flüchtet das Liebespaar Hermia (entzückend widerspenstig: Simone Jäger) und Lysander (Samuel Sandriesser), gefolgt von Demetrius (Markus Druml) und der in ihn verliebten Helena (Simone Sdovc).
Inzwischen will der eifersüchtige Feen-König Oberon (Radu Vulpe) seine Frau Titania (Sigrid Gamisch-Karner im orientalischen Harems-Gewand) mit Hilfe einer Zauberblume betören - doch Puck bringt alles durcheinander im Märchenwald, und so wird einer der Handwerker zum Objekt der Begierde für Oberons Frau: Dem Weber „Hintern“ hat der Regisseur seinen ursprünglichen Namen verpasst (das Shakespear ?sche „bottom“ bedeutet Arsch, ist in deutschen Übersetzungen aber zu „Zettel“ geworden). Der herrlich outrierende 77-jährige Publikumsliebling Hans Prilasnig gibt den zum Lustobjekt gewandelten „Pyramus“ des Stückes im Stück. Seine „Thisbe“ (Peter Kutej) erscheint als bärtige Conchita-Persiflage „wie ein Phönix“ im goldenen Glitzerkleid. Die beiden haben die Lacher des Publikums auf ihrer Seite, aber auch Hermann Enzi (als „Wand“ und „Löwe“), Christopher Visotschnig (als „Mond“) und Herbert Murero (als „Prologus“) provozieren Heiterkeitsausbrüche bei den Zusehern.
Die vier jugendlichen Athener folgen durch Zauberkraft (und Drogen) dem animalischen Treiben im Wald, bis sie am Ende erschöpft, nur mehr mit weißer Unterwäsche bekleidet, auf einem Haufen übereinanderliegen. Und Titania, vom Zauber befreit und von ihrem Harems-Gefolge umsorgt, findet zu Oberon zurück. „Ende gut, alles gut“ (so der Titel eines weiteren Shakespeare-Stücks), auch wenn so manche Zote unter die Gürtellinie trifft.
Intendant Patrick Steinwidder inszeniert den pornografischen Klamauk mit der stimmungsvollen Einbeziehung der begrünten Stifts-Arkaden, mit technischen Effekten wie Lichtprojektionen und Hebebühne und eigens für das Stück geschriebener, arabischer Musik (von der syrischen Sängerin Basma Jahr). „Das Fremde“ im Stück, die mysteriöse Welt hinter den Mauern Athens, jenseits der menschlichen Zivilisation, mit realen Asylwerbern zu besetzen ist eine gut gemeinte, aber zwiespältige Geste - denn auch damit werden sie als Diener der Herrschenden auf ihren Platz verwiesen.
(S E R V I C E - „Ein Sommernachtstraum“. Komödie von William Shakespeare, ins Deutsche übertragen von August Schlegel. Sommerspiele Eberndorf. Bearbeitet und eingerichtet von Patrick Steinwidder. Künstlerische Leitung, Bühne und Regie: Patrick Steinwidder. Mit: Guido Hitzenhammer, Linda Springer, Samuel Sandriesser, Markus Druml, Simone Jäger, Simone Sdovc, Helmut Lechthaler, Herbert Murero, Hans Prilasnig, Peter Kutej, Hermann Enzi, Christopher Visotschnig, Radu Vulpe, Sigrid Gamisch-Karner, Mahamad Kay Al-Kassar, Nik Mohammad Ahmadi, Ahmad Ibesh, Rahman Yazdani. Weitere Termine: jeweils Di., Do. u. Fr., 20.30 Uhr, bis 17. August. Infos und Karten: www.sommerspiele-eberndorf.at)