Brasiliens ehemaliger Staatschef Lula muss doch im Gefängnis bleiben

Rio de Janeiro/Porto Alegre (APA/dpa/AFP) - Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva bleibt vorerst doch im Gefängnis. Nachdem ein ...

Rio de Janeiro/Porto Alegre (APA/dpa/AFP) - Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva bleibt vorerst doch im Gefängnis. Nachdem ein Bundesgericht in Porto Alegre am Sonntag zunächst die sofortige Freilassung des 72-Jährigen angeordnet hatte, stoppte der für den Prozess zuständige Richter Joao Gebran Neto die Entlassung umgehend. Die Polizei solle Lula nicht auf freien Fuß setzen, bis er den Fall geprüft habe, entschied der Jurist.

Zuvor hatte Rogerio Favreto, Bundesrichter aus Porto Alegre, einem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben und die Freilassung des früheren Staatschefs aus dem Gefängnis in Curitiba angeordnet. Es gebe es keine rechtliche Grundlage für seine Inhaftierung, daher könne Lula das Berufungsverfahren gegen sein Urteil in Freiheit abwarten, hieß es in seiner Entscheidung.

Es folgte ein juristischer Schlagabtausch. Zunächst meldete sich Sergio Moro zu Wort, jener Strafrichter am Bundesgericht in Curitiba, der Lula verurteilt hatte. Das Gericht in Porto Alegre verfüge nicht über die notwendige Kompetenz, um die Haftstrafe gegen den Ex-Präsidenten auszusetzen, erklärte er. Dann legte Favreto nach und bestätigte seine Entscheidung zur Freilassung von Lula in einer erneuten Anordnung.

Schließlich sprach der zuständige Richter Gebran ein Machtwort und wies die Polizei an, der Entscheidung seines Kollegen nicht Folge zu leisten und Lula weiter festzuhalten. Es sei unzulässig, an der einstimmigen Entscheidung des Berufungsgerichts vom Jänner zu rütteln. Das Gericht hatte Lulas Verurteilung vom Vorjahr bestätigt und das Strafmaß sogar von neuneinhalb Jahren auf zwölf Jahre und einen Monat heraufgesetzt.

Lulas linke Arbeiterpartei rief in weiterer Folge zu Protesten auf. „Sie brechen die Verfassung und das Recht“, schrieb Parteichefin Gleisi Hoffmann auf Twitter. „Alle nach Curitiba, alle auf die Straßen.“

Lula regierte Brasilien von 2003 bis 2010. Ihm wird zur Last gelegt, dass er sich während seiner Präsidentschaft von der größten brasilianischen Baufirma OAS eine Luxuswohnung in der Küstenstadt Guaruja im Bundesstaat Sao Paulo schenken ließ sowie eine große Geldsumme in bar. Der Baukonzern soll im Gegenzug bei Verträgen mit dem staatlich kontrollierten Ölkonzern Petrobras begünstigt worden sein. Lula beteuert seine Unschuld und spricht von einem „Komplott“, mit dem seine Kandidatur für eine dritte Amtszeit verhindert werden solle.

Er will bei der Wahl im Oktober erneut für das höchste Staatsamt kandidieren. In den Umfragen liegt Lula deutlich vorn. Auf dem zweiten Platz folgt der ultrarechte Ex-Militär Jair Bolsonaro. Der „Trump Brasiliens“ verherrlicht die Militärdiktatur von 1964 bis 1985 und hetzt gegen Homosexuelle.

Die Petrobras-Affäre erschüttert die brasilianische Politik seit Jahren. Zahlreiche Geschäftsleute und Politiker verschiedener Parteien sind darin verwickelt. Petrobras soll zu überteuerten Bedingungen Aufträge an Baukonzerne und andere Firmen vergeben haben. Diese zahlten wiederum Bestechungsgelder an Politiker und Parteien.

Auch gegen den amtierenden Präsidenten Michel Temer von der rechtskonservativen Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) werden Korruptionsvorwürfe erhoben. Mehrere Minister seiner Regierung mussten bereits zurücktreten.